Open Source und (IT-) Sicherheit

Im Zuge der Skandale um die Ausspähung von Internetaktivitäten deutscher Bürger kam in vielen Medien die Frage hoch, “wie sicher denn eigentlich Open Source” sei. Diese Frage wurde mir vor kurzem so pauschal auch von Freunden, Bekannten und Kunden gestellt. Die Frage ist schwer und in Kürze gar nicht zu beantworten. Zudem ist sie aus meiner Sicht im Kern falsch gestellt und legt Zeugnis von einem, aus meiner Sicht doch sehr unzureichendem Sicherheitsbegriff und zugehörigen, ggf. zu optimistischen Erwartungen an Technik ab.

Etwas sarkastisch fasse ich meine Meinung zu dem Thema Sicherheit, Internet, Open Source deshalb mal in folgenden 10 Thesen zusammen :

Erstens: Es gibt beim Einsatz von IT-Systemen keine 100%-ige Sicherheit. Man kann nur versuchen, Risiken zu erkennen, zu bewerten und zu minimieren. Das gilt selbtsverständlich auch für Open Source.

Zweitens: Der Transport unkryptierter Information (z.B. per E-Mail oder von und zu Web-Services) über das Internet ist grundsätzlich nicht sicher. Ferner: Die Lagerung unkryptierter Information in der Cloud ist grundsätzlich nicht sicher. Beides hat im Kern nichts mit Open Source zu tun. Wenngleich Linux als “Open Source”-Aushängeschild eine umfangreiche Palette an Tools für die Kryptierung von allem Möglichen und für alle möglichen Zwecke anbietet.

Drittens: Im Internet gibt es erstmal keine Freunde. Und wenn im Einzelfall doch, so sind da draußen viel, viel mehr Gegner oder im besten Fall Firmen, die ausschließlich an deinem wirtschaftlichen Nutzen interessiert sind. Im Internet gibt es auch nichts wirklich umsonst. Vielmehr ist das Internet in großen Teilen ein Markt, der nach wirtschaftlichen Kriterien bearbeitet und abgeerntet wird.

Viertens: Wer seine persönlichen oder firmenbezogene Daten, Emails, etc. aus Bequemlichkeit, Kostengründen oder schlicht wegen eines Lifestyle-Feelings den Providern elektronischer Services und von Social Media anvertraut, deren Server irgendwo in der Welt stehen, muss damit rechnen, dass diese Daten zu allen möglichen Zwecken ge- und mißbraucht werden. Das hat insofern etwas mit Open Source zu tun, als viele dieser Dienste mit Open Source Tools und auf der Basis von Open Source Libraries entwickelt wurden und auch auf Linux-Servern betrieben werden. Das bringt uns zu Fünftens.

Fünftens: Nicht nur ein grundsätzlich Böser, sondern auch ein Anbieter guter Werkzeuge, der primär von Profitinteressen getrieben wird, kann unter bestimmten Umständen zu einem potentiellen Gegner mutieren und dieses Werkzeug und die angebotenen Dienste dann auch gegen deine Interessen richten, gegen deine Interessen nutzen oder deine Daten an Dritte weitergeben. Das gilt im Besonderen dann, wenn Organisationen mit einem Zugriff auf umfangreiche Ressourcen jeder Art im Spiele sind. Auch wenn die “guten” Werkzeuge “Open Source” basiert sind.

Sechstens: Smartphone-Dienste, Google Android (gerade in puncto Sicherheit ein entkerntes Linux), Apple-Dienste etc. – die “schöne neue Welt” => siehe Zweitens bis Fünftens.

Siebtens: Weil es so schön passt und wir uns wieder deutschem Boden nähern wollen : Mail-Dienste, Web- und Web-Hosting-Dienste, DE-Mail, e@Post etc. : Die sind genau so sicher, wie man den Providern und deren Personal vertraut und hofft, dass eine Sicherheitszertifizierung ihrer Rechenzentren bedeutet, dass die Betreiber/Personal sich immer auch unter Druck ethisch einwandfrei und in deinem Interesse verhalten. Egal, ob und welche Open Source Tools dabei zu Einsatz kommen. [ Nur ein wenig Off Topic: Warum sind z.B. bei kaum einem Web-Hoster, der PHP-Services anbietet, Bibliotheken mit wirklich hochwertigen Zufallszahlen-Generatoren als Basis von zu entwickelnden Sicherheitsmechanismen verfügbar? Warum bieten einige der genannten E-Mail-Dienste für die Standardnutzer zwar einen sicheren Transportweg aber
keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung des transferierten Inhalts an?]

Achtens: Linux und Open Source Anwendungen sind so sicher wie das meist heterogene Umfeld, in dem sie zum Einsatz kommen. Sie sind ferner maximal so sicher, wie die Standards es sind, auf denen sie und ihre Sicherheitsmechanismen ruhen.

Neuntens: Linux und Open Source sind so sicher, wie das Wissen und Risikoanalysen der zugehörigen Betreiber und Anwender reichen. Die Sicherheit verschiebt sich ferner mit dem Zugriff auf und dem Einsatz von qualifizierten Ressourcen auf beiden Seiten.

Zehntens: A fool with a tool is still a fool. Und niemand meine, dass er dauerhaft unfehlbar sei …. Wir sind alle manchmal “fools”. Mit oder ohne Open Source. Als Anwender wie als Admin …

Nachtrag: Alle zehn Thesen gelten für den Einsatz von IT im privaten Bereich, Firmen und auch in der öffentlichen Verwaltung.

Ok, das war jetzt zugegebenermaßen ein wenig sarkastisch und pessimistisch. Natürlich gilt auch : Open Source kann den Einzelnen stärker in puncto Sicherheit machen. Open Source ist eine mächtige Ressource – gerade im Sicherheitsbereich.

Etwas ernsthafter setze ich mich mit der Frage nach der Sicherheit von Open Source in einem andern (von mir leider meist sträflich vernachlässigten) Blog auseinander. Hier der Link für Interessierte:

http://iso-blog.anracom.com/?p=246 oder
http://iso-blog.anracom.com/2013/10/open-source-sicherheit-und-die-sicherheit-des-umfelds/