Upgrade Laptop to Opensuse 42.3, Probleme mit Bumblebee und VMware WS 12.5, Workarounds

Gestern war ein Upgrade meines nun schon in die Jahre gekommenen Laptops von Opensuse Leap 42.2 auf Leap 42.3 fälllig.
Ich bin dabei gem. der schönen Anleitung in
https://kamarada.github.io/en/2017/08/03/how-to-upgrade-from-opensuse-leap-422-to-423/
vorgegangen. Zu der Anleitung gibt es nichts weiter zu sagen; die ist perfekt. Im Upgrade hatte ich nur die Standardrepositories (inkl. Update-Repository) für Leap 42.3 benutzt.

Mein Laptop hat eine Nvidia-Karte (Optimus-System). Das ursprüngliche Leap 42.2 lief auf dem Laptop deshalb mit einer Bumblebee-Installation; das funktionierte einwandfrei. Zudem nutzte ich auf dem Laptop VMware WS 12.5. Nach dem Leap-Upgrade hatte ich jedoch sowohl mit Bumblebee als auch VMware-Workstation Probleme – obwohl auch Leap 42.3 nur einen Kernel der nun doch schon recht alten Version 4.4 aufweist! nach dem Ugrade war bei mir 4.4.92-31 aktiv; bei der Leap_42.3 war dagegen der Kernel 4.4.76 der Default-Kernel.

Nebenbei: Bzgl. der Kernelversionen hat der SLES-Unterbau von Opensuse Leap plötzlich den unangenehmen Nebeneffekt, dass man an älteren Kernelversionen kleben bleibt … Von SUSEs Seite müssen ggf. Back-Portierungen aus neuen Kernelversionen zu älteren Versionen vorgenommen werden. Das kann Nebeneffekte zeitigen (s.u.). Bin mal gespannt wie Opensuse mit diesem Thema in Zukunft umgehen will …

Wiederholte Modul-Einträge in der Datei “/etc/sysconfig/kernel”

Das erste Problem war, dass die Datei “/etc/sysconfig/kernel” nach dem Neustart mehrfache Einträge zum Laden von nvidia-Modulen enthielt. Woher immer das stammte; vielleicht hatte ich das ja schon früher von Experimenten mit Bumblebee drin. Vielleicht wurden die Einträge aber auch im Upgrade hinzugefügt. Jedenfalls mal checken, dass in dieser Datei nach dem Upgrade kein überflüssiger Unsinn drinsteht.

Bumblebee-Installation wieder zum Laufen bringen

Bumblebee lief nach dem Upgrade nicht mehr. Ok, dachte ich, also die für Leap 42.3 passenden Repositories aktivieren und diverse Bumblebee-Pakete aktualisieren. Es gibt jedoch mehrere Repositories mit Bumblebee-Paketen für Opensuse Leap, u.a.
http://download.opensuse.org/repositories/home:/Bumblebee-Project:/nvidia:/3xx.xx/OpenSUSE_Leap_42.3.
Unter Leap 42.1/42.2 hatte ich etliche Pakete aus diesen Repositories benutzt.

Für Leap 42.3 gilt (nach meiner Erfahrung): Zu nutzen ist
http://download.opensuse.org/repositories/X11:/Bumblebee/openSUSE_Leap_42.3
und sonst gar nichts! Auch nicht das Nvidia-Community-Repository!

Die im “X11:Bumblebee”-Repository vorhandenen Pakete – inklusive der Pakete mit dem proprietären Nvidia-Treiber – kann und sollte man dagegen (bis auf eines) installieren; das Paket “primus” habe ich mir allerdings aus dem 42.3-Update-Repository geholt.

Ergänzung 02.12.2017: Wichtige Ausnahme:
bbswitch sollte man nicht installieren. Es reicht bbswitch-kmp-default! Und nur letzteres hat bei mir funktioniert – und zwar ohne dkms-Service.

Die Installation von bbswitch aktiviert den “dkms”-Service; waren sowohl “bbswitch-kmp-default” und “bbswitch” installiert, so führte dies bei mir anhand von Statusanzeigen erkennbar zu einem wechselseitigen An- und Abschalten der Graka im Bootprozess; sie wird danach von den Treibern nicht mehr erkannt.

(Auf die anderen Repositories zu unterschiedlichen Nvidia-Treibern sollte man wirklich nur im Notfall zurückgreifen, und zwar dann, wenn ihr für eure Graka zwingend einen älteren Nvidia-Treiber benötigt; aber auch dann nur x11-video-nvidia installieren. Nicht dagegen das Paket “dkms-nvidia”!)

Zu beachten ist also auch folgender Hinweis: Falls ihr früher einen laufenden dkms-Service hattet: Unbedingt deaktivieren! Und zwar nach der Installation der Pakete, aber schon vor einem anschließenden Neustart des Systems.

systemctl disable dkms

Das steht im Gegensatz zu den Anweisungen in der Anleitung
https://de.opensuse.org/SDB:NVIDIA_Bumblebee
absolut notwendig! Zumindest auf meinem Laptop … Fragt mich bitte nicht, warum der dkms-Service zu Problemen führt.

Der Bumblebee-Dämon “bumblebeed” dagegen muss über den zuständigen Service aktiviert werden

systemctl enable bumblebeed

Zudem checken, dass der User, unter dem ihr mit einer grafischen Oberfläche arbeitet, Mitglied der Gruppen “video” und “bumblebee” ist. Ggf. mittels “usermod -G video,bumblebee USERNAME” korrigieren.

Dann Neustart des Systems. Die Kommandos

optirun glxspheres
vblank_mode=0 primusrun glxspheres
optirun -b none nvidia-settings -c :8

sollten danach alle einwandfrei funktionieren.

Sollte das nicht der Fall sein und immer noch eine Meldung kommen, dass die Graka nicht vorhanden sei und der “nvidia”-Treiber nicht geladen werden könne:

Alle Pakete aus dem Nvidia-(Community)-Repository (Treiber nvidia-gfx-GL04 und ähnliche), aus dem Nvidia-Bumblebee-Repository und dem oben angegebenen Standard-Bumblebee-Repository löschen. Danach nur die Pakete aus dem oben angegebenen Standard-Repository http://download.opensuse.org/repositories/X11:/Bumblebee/openSUSE_Leap_42.3
mit Ausnahme von bbswitch (!) installieren. Den dkms-Service dann prophylaktisch deaktivieren! Neustart.

Ein probeweiser Start des dkms-Service führt nach einem vorhergehenden Erfolg mit “primusrun” in jedem Fall wieder in die Katastrophe:

Danach kommen in Logfiles Fehlermeldungen, dass es kein passendes Grafik Device gäbe. Am Terminal erscheint: “Cannot access secondary GPU …”. Das ließ sich durch ein anschließendes normales Stoppen des dkms-Service nicht mehr beheben. Bumblebee funktionierte auch nach dem Stoppen des dkms-Service nicht mehr ordnungsgemäß; nvidia Module ließen sich selbst manuell nicht mehr laden. Da half nur ein Reboot – natürlich bei deaktiviertem dkms-Service.

Ich habe leider keine Zeit, der genauen Ursache auf den Grund zu gehen. Bei künftigen Änderungen des Kernels muss man ohne korrekt funktionierendes dkms ggf. halt ein Update für die nvidia- und bbswitch-Module aus dem Bumblebee-Repository erzwingen und damit (zumindest bzgl. nvidia) eine Neukompilation durchführen lassen. Interessant ist, dass für den bei mir nach dem Leap-Upgrade aktiven Kernel 4.4.92-31 ein Link von
/lib/modules/4.4.92-31-default/weak-updates/updatesbbswitch.ko -> /lib/modules/4.4.676-1-default/updates/bbswitch.ko
angelegt wurde. Der funktioniert offenbar. Irgendwas am Kernel 4.4.92 missfällt womöglich dkms beim Versuch, für den neueren Kernel das passende Modul zu definieren. Der 4.4.92-Kernel führt aufgrund von Rückportierungen, die die SuSE-Leute wohl vorgenommen haben, auch noch in anderem Kontext – nämlich bzgl. der VMware WS – zu Schwierigkeiten.

Probleme mit der VMware Workstation 12.5. unter Leap 42.3 beheben

Meine unter Leap 42.2 installierte VM WS 12.5.1 lief nach dem Leap-Upgrade nicht mehr. Auch ein Upgrade der Workstation-SW auf die aktuelle Version 12.5.8 endete beim ersten Startversuch mit Kompilierungsfehlern. Die konnte ich mir im Detail zwar ansehen; wie man aber die problematischen Stellen im Quellcode der VMware-Module beheben hätte müssen, lag jenseits meiner Kenntnisse und Fähigkeiten.

Hier half aber der Beitrag eines offenbar Kernel-Kundigen im VMware Community Forum:
https://communities.vmware.com/message/2693257#2693257
Dort suche man nach dem Beitrag von “hendrikw84“! Herzlichen Dank an diesen Herrn! Seine Vorgaben zur Korrektur diverser Codezeilen funktionieren nämlich einwandfrei. (Ursache der Probleme sind offenbar Rückwärtsportierungen von Features des Kernels 4.10 in den Code des Kernels 4.4. Was immer die SuSE-Leute dabei gedacht haben …)

[ Warum allerdings die eine vorgeschlagene Korrektur-Zeile

retval = retval = get_user_pages((unsigned long)uvAddr, numPages, 0, ppages, NULL);

nicht gleich zu

retval = get_user_pages((unsigned long)uvAddr, numPages, 0, ppages, NULL);

verkürzt werden kann, ist mir etwas schleierhaft. Typo? Die letzte Zeile für retval klappt für den Code von hostif.c unter vmmon-only/linux nämlich auch.]

Nach Durchführung der Korrekturen ließen sich die VMware-Codes jedenfalls anstandslos für Kernel “4.4.9-31-default” kompilieren – und die nötigen Kernelmodule wurden fehlerfrei erzeugt. Meine zwei lokalen (non shared) virtuellen Maschinen für Windows-Installationen liefen damit bislang einwandfrei.

Ob es – wie in der Diskussion im VMware Community Forum angedeutet, Probleme mit “shared VMs” auf Servern gibt, habe ich nicht getestet. Auf Servern verwende ich KVM-Installaionen mit spice oder X2GO.

Viel Spaß denn mit Opensuse 42.3 auf dem Laptop!

Nvidia’s kernel module nvidia_uvm kills normal operation of the lsns command

Whilst preparing a second blog post about network namespaces I stumbled across a really strange bug:

Whenever one starts LibreOffice (with the OpenCL-options activated) the command “lsns” stops producing output. Not funny, as one may consider namespaces and operations investigating the namespace settings for Linux processes security relevant. So, I looked a bit into it …

“strace” led me to processes which were Nvidia related. Actually, on my Linux PC, I use the proprietary Nvidia driver 384.98 for my graphics card. The cause behind the trouble with LibreOffice is that the OpenCL-options of LO trigger loading the kernel module “nvidia_uvm”. This module supports CUDA operations – which seem to be used by some recent versions Linux programs as LO and also GIMP.

However, as soon as “nvidia_uvm” is loaded the command “lsns” stops producing output. This should not happen as “lsns” uses standard kernel interfaces for investigating process properties …???…

I have no remedy for this – and am waiting for an answer from the Nvidia developer forum. But at least in case of LibreOffice you can avoid this irritating bug by unsetting the OpenCL options ….

LXC-Container – Fehlermeldungen mit Bezug zum File memory.memsw.usage_in_bytes

Wenn man mit LXC-Containern experimentiert, kann es sein, dass man über Fehlermeldungen im System Log File stolpert, die etwa wie folgt aussehen:

2017-10-22T16:25:08.090990+02:00 mytux libvirtd[2795]: Failed to open file '/sys/fs/cgroup/memory/machine.slice/machine-lxc\x2d25976\x2dlxcx.scope/memory.memsw.usage_in_bytes': No such file or directory
2017-10-22T16:25:08.091288+02:00 mytux libvirtd[2795]: Unable to read from '/sys/fs/cgroup/memory/machine.slice/machine-lxc\x2d25976\x2dlxcx.scope/memory.memsw.usage_in_bytes': No such file or directory

In meinem Fall (Opensuse Leap 42.2) wurde eine solche Meldung alle 3 Sekunden für jeden laufenden LXC-Container generiert. Nicht sehr erfreulich …

Die Ursache dieser Meldungen liegt darin, dass die “memsw”-Dateien Information über die Nutzung des Swaps durch Prozesse sammeln, die über cgroup-Festlegungen limitiert sein mögen. Wenn aber der Kernel des Hosts ohne die Option CONFIG_MEMCG_SWAP_ENABLED kompiliert wurde, werden die obigen Fehler ausgegeben. Dies ist etwa für den Default-Kernel von Opensuse Leap 42.2 der “swapaccount=1” mitgibt. Das muss man halt in die Grub2-Konfiguration eintragen. Unter Opensuse mit YaST …

LXC-Betriebssystem-Container mittels virt-manager unter Opensuse Leap 42.2 – I

Das Thema “Container” ist wegen der guten Ressourcenauslastung auch für KMUs von Interesse. Will man sich dem Thema “Container” unter Linux annähern, ohne sich gleich mit Docker zu befassen, kann man alternativ zu LXC greifen. Dafür sprechen sogar ein paar gute Gründe:

  • LXC ist erprobt; viele Distributionen bringen LXC mit.
  • Ubuntu setzt mit der LXD-Umgebung explizit auf dieses Container-Format.
  • LXC (und LXD) setzen mehr auf Container für vollständige Betriebssysteme, Docker dagegen auf modulare Container für Einzelapplikationen. Wären da nicht diverse Sicherheitsthemen, so könnten performante, ressourcenschonende LXC-Container virtuelle (Linux-) Maschinen unter KVM ersetzen. Die potentielle Packungsdichte von LXC-Containern auf einem Host ist deutlich höher als die von KVM/qemu-VMs.
  • LXC erlaubt einen unpriviligierten Container-Betrieb – der Gewinn an Sicherheit erfordert allerdings Mühe im Container-Setup. Aber immerhin …
  • Auch in kleinen Umgebungen will man Container neben virtuellen KVM-Maschinen gerne grafisch verwalten und überwachen. Als handliche und vor allem erschwingliche Werkzeuge bleiben da eigentlich nur “virtlib/virt-manager” (rudimentäre Minimalausstattung) und “Proxmox” für den professionellen Einsatz übrig. Beide Tools unterstützen LXC-Container und erlauben zudem das Anlegen mehr oder weniger komplexer Storage-Konfigurationen.
  • Läuft der gewünschte Container erst mal, darf man sich über eine sehr gute Performance freuen (zumindest im kleinskaligen Betriebsumfeld).

Am letzten Wochenende wollte ich einen LXC-Container unter Opensuse Leap einfach mal ein wenig austesten. Für das Erstellen wollte ich das Gespann “libvirt/virt-manager” heranziehen. Die Anlage eines sog. “Betriebssystem-Containers” erwies sich damit unter Leap 42.2 aber als kleineres Abenteuer – selbst bei einer rein lokalen Storage-Konfiguration. Dieser und der nachfolgende Artikel sollen Einsteigern helfen, die ersten Hürden zu überwinden.

Begrifflichkeiten und eine Warnung

Ich gehe nachfolgend aus Platzgründen nicht weiter auf die grundlegenden Unterschiede zwischen Containern und voll- oder paravirtualisierten “Virtuellen Maschinen” [VMs] ein. Wer sich Container-Technologie im Schnelldurchgang reinziehen will, sei auf den Foliensatz https://de.slideshare.net/jpetazzo/anatomy-of-a-container-namespaces-cgroups-some-filesystem-magic-linuxcon verwiesen.

Für den vorliegenden Blog-Beitrag ist die Vorstellung hilfreich, ein Container sei so etwas wie eine aufgeblasene chroot-Umgebung, die Prozesse in einer vom restlichen Betriebssystem “isolierten” Umgebung bündelt.

Auch die Suse-Dokumentationen zur Anlage von Containern
https://www.suse.com/documentation/sles-12/singlehtml/book_virt/book_virt.html#sec.lxc.setup.container.app
https://doc.opensuse.org/documentation/leap/virtualization/book.virt_color_en.pdf
merken an:

Conceptually, containers can be seen as an improved chroot technique. The difference is that a chroot environment separates only the file system, whereas containers go further and provide resource management and control via cgroups.”

Die vom Container-Nutzer ausgelösten Prozesse laufen direkt unter dem Kernel des Hosts – und nicht wie in einer VM unter einem eigenem Kernel für die emulierte HW). Für die Container-
Isolation sorgen unter Linux cgroups und vor allem strong>namespaces (seit Kernelversion 3.8):

  • “cgroups” bündeln Prozesse in Bezug auf die limitierte Nutzung von System-Ressourcen auf dem Host.
  • “namespaces” sorgen hingegen dafür, dass Prozesse und ihre Kinder eine separate Sicht und einen abgegrenzten Zugriff auf ihre jeweilige Betriebssystem-Umgebung erhalten.

Vor allem “namespaces” sorgen also für eine (hoffentlich !) hinreichende Isolation der Container gegeneinander und gegenüber dem Host. Aber: Container lassen sich ohne zusätzliche Hilfsmittel bei weitem nicht so gut vom Host isolieren wie etwa virtuelle Maschinen unter KVM/qemu; resultierende Sicherheitsthemen werde ich in kommenden Blog-Beiträgen immer mal wieder aufgreifen. Ich zitiere einen der LXC-Vorkämpfer aus einem frühen Artikel (https://www.berrange.com/posts/2011/09/27/getting-started-with-lxc-using-libvirt/):

“Repeat after me “LXC is not yet secure. If I want real security I will use KVM”.

Das gilt mit Einschränkungen wohl auch heute noch; wer den professionellen Einsatz von LXC-Containern erwägt, muss sich mit SE-Linux- oder Apparmor-Profilen sowie ggf. Kernel-Capabilities auseinandersetzen. Ferner empfehle ich, einen Einsatz von LXC-Containern unter KVM-VMs in Betracht zu ziehen, wobei letztere dafür mit virtio-Treibern beschleunigt werden müssen.

Unterschiede zwischen nativen lxc-Tools und libvirt-lxc

Will man mit virt-manager und LXC-Containern arbeiten, begibt man sich auf ein nicht unumstrittenes Gleis. Es gibt nämlich zwei nicht kompatible Toolsets zum Aufsetzen und Verwalten von LXC-Containern: lxc und libvirt-xlc. “lxc” ist das native Toolset und besteht aus einer Reihe sehr flexibel einsetzbaren CLI-Kommandos. “lxc” liegt in den Version 1.1 bzw. 2.0 unter vielen aktuellen Linux-Distributionen vor (Leap 42.2 =>LXC V1.1, Debian Stretch => LXC V2.0). Container werden unter “lxc” über (vorgefertigte) “Configuration Files” definiert.

Libvirt greift dagegen auf XML-Files zur Definition von Containern zurück – also genau wie bei KVM/qemu-VMs. Libvirt nutzt für das LXC-Setup ferner direkte Schnittstellen zum Kernel und rankt darum eigene, unabhängige Tools, die mit den nativen LXC-Tools wenig gemein haben. Man kann native lxc-Kommandos meines Wissens deshalb auch nicht zur Verwaltung der Container verwenden, die mit libvirt-lxc erzeugt wurden. Dafür kann man nach der Einrichtung von libvirt-LXC-Containern aber auf das grafische “virt-manager”-Interface zum Starten, Stoppen und Manipulieren dieser Container zurückgreifen. Auf der Kommandozeile kann alternativ das “virsh”-Kommando mit lxc-bezogenen Optionen eingesetzt werden.

Beide Toolsets nehmen es einem ab, sich um die Konfiguration von cgroups (Ressourcenmanagement) und namespaces (Abschottung) im Detail und händisch kümmern zu müssen. Sie tun dies aber auf unterschiedliche Weise – und stellen zugehörige Informationen keineswegs in kompatibler Weise bereit. In diesem Artikel nutze ich die “libvirt-lxc”-Tools. Nicht zuletzt, weil ich selbst von KVM her komme. Aber – ich sage es vorweg:

Die libvirt-lxc-Tools lassen sich aus meiner Sicht nicht wirklich bruchfrei nutzen.

Der eine oder andere Nutzer wird daher mit wachsender Erfahrung zu den nativen Tools wechseln. Im Internet sind zudem sehr viel mehr Informationen zur Verwaltung von LXC-Containern mit den nativen Tools verfügbar als für die “libvirt-lxc”-Tools. Interessant ist ein LXC-Container-Setup mit libvirt/virt-manager aber allemal.

Ziel: LXC-Betriebssystem-Container

Unter “virt-manager” werden 2 LXC-Container-Typen unterschieden:

  • LXC Distribution
    Container für eine Umgebung mit einer Root-Filesystem-Struktur für eine Distribution. Solche Container eigenen sich m.E. als Ersatz für KVM/qemu-VMs.
  • LXC Application Container für einzelne Anwendungen. Ein solcher Container bietet nur eine temporäre, isolierte Umgebung für einzelnen Anwendungen – und wird mit dem Schließen der Anwendung auch beendet. Solche Container sind eher mit Docker-Containern vergleichbar.

App-Containern fehlen bei ohne eigene Zusatzmaßnahmen wesentliche Elemente eines für die jeweilige Applikation funktionierenden Filesystems. Das ist ohne vorgefertigte Schablonen Bastelarbeit. Man muss sich je nach Applikation u.a. um Anteile von /etc, /sys, /proc/, /dev, /dev/shm und relevante Bibliotheks-Bereiche wie des Filesystems kümmern. Siehe die Links unten.

Das verführt dazu, am Anfang seiner Lernkurve einen “Betriebssystem-Container” zu erstellen. Für das Filesystem kann man dann nämlich eine Basisimplementation der jeweiligen Distribution heranziehen. Für Debian ist hier “debootstrap” zu nennen.

Bzgl. der praktischen Anlage notwendiger Verzeichnisinhalte erleichtern einem unter dem RPM-basierten Opensuse hingegen sog. Paket-Patterns das Leben. Für ein minimalistisch aufgesetztes Filesystem-Setup greift man hier auf das sog. “base”-Pattern zurück.

Opensuses Script für den Root-Filesystem-Unterbau

Bzgl. der Installation des “base”-Patterns für Container hat die OpenSuSE-Mannschaft es sich in letzter Zeit allerdings etwas zu einfach gemacht: Die aktuelle Doku verweist nämlich auf ein Skript “/usr/bin/virt-create-rootfs”.

Diese Script läuft ohne Zusatzwissen und ohne Modifikationen unter Leap 42.2/42.3 aber ins Leere. In Blick in in den Code zeigt: Standardmäßig wird nur Opensuse 13.1 unterstützt; die zugehörigen Repositories, die bemüht werden, sind aber längst obsolet. Ich zeige nachfolgend relevante Ausschnitte aus dem Script:

#!/bin/sh
set -e
....
....
function print_help
{
cat << EOF
virt-create-rootfs --root /path/to/rootfs [ARGS]

Create a new root file system to use for distribution containers.

ARGUMENTS

    -h, --help          print this help and exit
    -r, --root          path where to create the root FS
    -d, --distro        distribution to install
    -a, --arch          target architecture
    -u, --url           URL of the registration server
    -c, --regcode       registration code for the product
    -p, --root-pass     the root password to set in the root FS
    --dry-run           don't actually run it
EOF
}

ARCH=$(uname -i)
ROOT=
DISTRO=
URL=
REG_CODE=
ROOT_PASS=
DRY_RUN=
.....
.....
function call_zypper
{
    $RUN zypper --root "$ROOT" $*
}

function install_sle
{
    PRODUCT="$1"
    VERSION="$2"

    case "$VERSION" in
        12.0)
            # Transform into zypper internal version scheme
            VERSION="12"
            ;;
        *)
            fail "Unhandled SLE version: $VERSION"
            ;;
    esac
....
....

}

case "$DISTRO" in
    SLED-*)
        install_sle "SLED" "${DISTRO:5}"
        ;;
    SLED-* | SLES-*)
        install_sle "SLES" "${DISTRO:5}"
        ;;

    openSUSE-*)
        VERSION=${DISTRO:9}
        case "$VERSION" in
            13.1)
                REPO="http://download.opensuse.org/distribution/13.1/repo/oss/"
                UPDATE_REPO="http://download.opensuse.org/update/13.1/"
                ;;
            *)
                fail "Unhandled openSUSE version: $VERSION"
                ;;
        esac
        call_zypper ar "$REPO" "openSUSE"
        call_zypper ar "$UPDATE_REPO" "openSUSE udpate"
        call_
zypper in --no-recommends -t pattern base
        ;;
esac

if test "$DRY_RUN" != "yes"; then
    echo "pts/0" >> "$ROOT/etc/securetty"
    chroot "$ROOT" /usr/bin/passwd
fi

 
Man muss das betreffende Skript also anpassen oder die notwendigen Schritte manuell durchführen.

Modifikation des Scripts

Lässt man mal den Zugriff auf SLES oder SLED-Repositories außer Acht, so leistet das Script im Grunde nur Folgendes:

  • Ein Verzeichnis des Hosts als künftiges root-Verzeichnis des Containers aus einem Übergabeparameter auslesen.
  • Das grundlegende “oss”-Repository sowie das zugeh. Update-Repository für eine Distribution festlegen.
  • “zypper” in der Form “zypper –root PATH_TO_CONTAINER_ROOT in –no-recommends -t pattern” aufrufen.
  • Das root-Password für den chroot-Bereich ändern.

Entscheidend ist im Script-Ablauf die “–root” Option von zypper; die sorgt dafür, dass die Verzeichnisse/Files unterhalb des definierten chroot-Verzeichnisses (PATH_TO_CONTAINER_ROOT) gemäß des definierten Paket-Patterns gefüllt werden. Wir ergänzen das Script deshalb versuchsweise in der Abfrage für die Distribution und ändern die Statements in den Zeilen 205 – 207 ab:

....
.....
case "$DISTRO" in
    SLED-*)
        install_sle "SLED" "${DISTRO:5}"
        ;;
    SLED-* | SLES-*)
        install_sle "SLES" "${DISTRO:5}"
        ;;

    openSUSE-*)
        VERSION=${DISTRO:9}
        case "$VERSION" in
            13.1)
                REPO="http://download.opensuse.org/distribution/13.1/repo/oss/"
                UPDATE_REPO="http://download.opensuse.org/update/13.1/"
                ;;
            42.2)
                REPO="http://download.opensuse.org/distribution/leap/42.2/repo/oss/"
                UPDATE_REPO="http://download.opensuse.org/update/leap/42.2/"
                ;;
            *)
                fail "Unhandled openSUSE version: $VERSION"
                ;;
        esac
        echo "HERE0"
        call_zypper ar "$REPO" "openSUSE"
        echo "HERE1"
        call_zypper ar "$UPDATE_REPO" "openSUSE-udpate"
        echo "HERE2"
        call_zypper in --no-recommends -t pattern enhanced_base
        call_zypper in --no-recommends -t pattern  file_server
        #call_zypper in --no-recommends -t pattern base
        #call_zypper in --no-recommends -t pattern "patterns-openSUSE-enhanced_base"
        ;;
esac

 
Um wenigstens ein paar “Convenience”-Pakte zusätzlich zu erhalten, habe ich das “enhanced_base”-Pattern gewählt.

Anlegen des Filesystems

Für meinen Test nutze ich ein LVM-Volume auf einem SSD-Array; das Volume wird dabei auf das Verzeichnis “/kvm/” gemountet. Das Filesystem meines Containers soll unter “/kvm/lxc2/ zu liegen kommen. Also Verzeichnis angelegt und dann unser umgeschriebenes Script starten:

        
mytux:~ # virt-create-rootfs -r /kvm/lxc2/ -d openSUSE-42.2 
Adding repository 'Leap-42.2-Oss' .......................................................[done]
Repository 'Leap-42.2-Oss' successfully added

URI         : http://download.opensuse.org/distribution/leap/42.2/repo/oss/
Enabled     : Yes                                                          
GPG Check   : Yes                                                          
Autorefresh : No                                                           
Priority    : 99 (default priority)                                        

Repository priorities are without effect. All enabled repositories share the same priority.
r
Adding repository 'Leap-42.2-Update' ....................................................[done]
Repository 'Leap-42.2-Update' successfully added

URI         : http://download.opensuse.org/update/leap/42.2/oss/
Enabled     : Yes                                               
GPG Check   : Yes                                               
Autorefresh : No                                                
Priority    : 99 (default priority)                             

Repository priorities are without effect. All enabled repositories share the same priority.

New repository or package signing key received:

  Repository:       Leap-42.2-Oss                                       
  Key Name:         openSUSE Project Signing Key <opensuse@opensuse.org>
  Key Fingerprint:  22C07BA5 34178CD0 2EFE22AA B88B2FD4 3DBDC284        
  Key Created:      Mon May  5 10:37:40 2014                            
  Key Expires:      Thu May  2 10:37:40 2024                            
  Rpm Name:         gpg-pubkey-3dbdc284-53674dd4                        


Do you want to reject the key, trust temporarily, or trust always? [r/t/a/? shows all options] (r): a
Building repository 'Leap-42.2-Oss' cache ...............................................[done]
Building repository 'Leap-42.2-Update' cache ............................................[done]
Loading repository data...
Reading installed packages...
Resolving package dependencies...

The following 163 NEW packages are going to be installed:
  aaa_base bash binutils coreutils cpio cracklib cracklib-dict-full dbus-1 dbus-1-x11
  device-mapper diffutils dirmngr dracut elfutils expat file file-magic filesystem fillup
  findutils fipscheck gawk gio-branding-openSUSE glib2-tools glibc gpg2 grep gzip hardlink
  hwinfo info insserv-compat kbd kbd-legacy klogd kmod kmod-compat krb5 libX11-6 libX11-data
  libXau6 libacl1 libadns1 libaio1 libapparmor1 libasm1 libassuan0 libattr1 libaudit1 libblkid1
  libbz2-1 libcap-ng0 libcap2 libcom_err2 libcrack2 libcryptsetup4 libcurl4 libdbus-1-3 libdw1
  libedit0 libelf0 libelf1 libexpat1 libfdisk1 libffi4 libfipscheck1 libgcc_s1 libgcrypt20
  libgio-2_0-0 libglib-2_0-0 libgmodule-2_0-0 libgmp10 libgobject-2_0-0 libgpg-error0 libidn11
  libkeyutils1 libkmod2 libksba8 libldap-2_4-2 liblua5_1 liblzma5 libmagic1 libmount1
  libmozjs-17_0 libncurses5 libncurses6 libnl-config libnl3-200 libopenssl1_0_0 libpcre1
  libpolkit0 libpopt0 libprocps3 libpth20 libqrencode3 libreadline6 libsasl2-3 libseccomp2
  libselinux1 libsemanage1 libsepol1 libsmartcols1 libssh2-1 libstdc++6 libsystemd0
  libtirpc-netconfig libtirpc3 libudev1 libusb-0_1-4 libusb-1_0-0 libustr-1_0-1 libutempter0
  libuuid1 libverto1 libwicked-0-6 libwrap0 libx86emu1 libxcb1 libxml2-2 libz1 libzio1
  mozilla-nspr ncurses-utils netcfg openSUSE-build-key openSUSE-release openSUSE-release-ftp
  openssh openssl pam pam-config patterns-openSUSE-base patterns-openSUSE-enhanced_base
  perl-base permissions pigz pinentry pkg-config polkit polkit-default-privs procps rpcbind rpm
  sed shadow shared-mime-info suse-module-tools sysconfig sysconfig-netconfig systemd
  systemd-presets-branding-openSUSE systemd-sysvinit sysvinit-tools terminfo-base time udev
  update-alternatives util-linux util-linux-systemd which wicked wicked-service xz

The following 2 NEW patterns are going to be installed:
  base enhanced_base

The following NEW product is going to be installed:
  openSUSE

163 new packages to install.
Overall download size: 48.1 MiB. Already cached: 0 B. After the operation, additional 178.0 MiB
will be used.
Continue? [y/n/...? shows all options] (y): y
....
....
New password: 
Retype new password: 
passwd: password updated successfully

 
Die Installation nimmt kaum Zeit in Anspruch. Danach liegt ein ziemlich umfassendes chroot-Filesystem vor, für das wir auch ein root-
Passwort definiert haben:

mytux:~ # la /kvm/lxc2
total 84
drwxr-xr-x 21 root root 4096 Sep 25 18:27 .
drwxr-xr-x  6 root root 4096 Sep 25 18:17 ..
drwxr-xr-x  2 root root 4096 Sep 25 18:28 bin
drwxr-xr-x  2 root root 4096 Oct  7  2016 boot
drwxr-xr-x  2 root root 4096 Sep 25 18:28 dev
drwxr-xr-x 56 root root 4096 Sep 25 18:29 etc
drwxr-xr-x  2 root root 4096 Oct  7  2016 home
drwxr-xr-x  8 root root 4096 Sep 25 18:28 lib
drwxr-xr-x  5 root root 4096 Sep 25 18:28 lib64
drwxr-xr-x  2 root root 4096 Oct  7  2016 mnt
drwxr-xr-x  2 root root 4096 Oct  7  2016 opt
dr-xr-xr-x  2 root root 4096 Oct  7  2016 proc
drwx------  4 root root 4096 Sep 25 18:28 root
drwxr-xr-x  7 root root 4096 Sep 25 18:28 run
drwxr-xr-x  2 root root 4096 Sep 25 18:28 sbin
drwxr-xr-x  2 root root 4096 Oct  7  2016 selinux
drwxr-xr-x  4 root root 4096 Sep 25 18:27 srv
dr-xr-xr-x  2 root root 4096 Oct  7  2016 sys
drwxrwxrwt  7 root root 4096 Sep 25 18:28 tmp
drwxr-xr-x 13 root root 4096 Sep 25 18:27 usr
drwxr-xr-x 12 root root 4096 Sep 25 18:27 var
mytux:~ # 

 

Definition des LXC-Containers mit virt-manager

Wir starten nun virt-manager. Zunächst muss mal LXC auf unserem Host laufen – und wir brauchen eine Verbindung zum lokalen Socket. Dazu bemüht man den Menüpunkt “File >> Add Connection”:

Wir drücken dann auf den Button “Connect”. Nun legen wir unseren Container an über “File >> New Virtual Machine”.

Der Button “Forward” führt zu einem Dialog-Window, in dem wir direkt unser Verzeichnis für das Root-FS eintippen (wir befassen uns nicht mit Storage-Verwaltung).

Wieder “Forward” klicken; wir werden nun aufgefordert, RAM-Größe und die Anzahl der zu verwendenden CPUs festzulegen:

Schließlich geben wir dem Container noch einen Namen:

Die Netzwerk-Konfiguration unterlassen wir im Moment. Der Grund hierfür ist, dass wir ohne Installation weiterer Pakete im Container mit einer Netzwerkverbindung eh’ nicht viel anfangen können. Ich komme darauf aber im nächsten Blog-Beitrag zurück. Wir starten die Container-Installation – und uns wird fast umgehend eine Shell angeboten :

Zum Einloggen geben wir das für den chroot-Bereich definierte Passwort ein. So weit, so gut. Ein wenig Herumspielen zeigt sehr schnell: Die Installation ist wirklich recht minimal.

Ausblick

Im nächsten Blog-Beitrag

LXC-Betriebssystem-Container mittels virt-manager unter Opensuse Leap 42.2 – II

ergänze ich zunächst einige nützliche Pakete aus den Opensuse-Repositories. Dann zeige ich, wie man zu einer funktionierenden Netzwerk-Karte in Form eines veth-Devices kommt.

Links

Unterschiede LXC, LXD, Docker
https://unix.stackexchange.com/questions/254956/what-is-the-difference-between-docker-lxd-and-lxc
https://bobcares.com/blog/lxc-vs-docker/
http://www.zdnet.com/article/ubuntu-lxd-not-a-docker-replacement-a-docker-enhancement/

Zeichensatzvorgaben für MySQL und PHP – SET NAMES – und leere Strings durch htmlentities()

Gestern ist mir ein dummer Fehler passiert, dessen Analyse mich Zeit gekostet hat. Dabei erwies sich die Sache am Ende als trivial. Es ging letztlich um konsistente Zeichensatzeinstellungen für PHP und MySQL – allerdings mit einem mir bislang unbekannten Nebeneffekt.

Zeichensätze im Kontext von PHP und MySQL sind ein Thema vieler Foren- und Q&A-Artikel im Internet – und nicht immer trifft man auf zufriedenstellende Antworten. Ich hoffe, dieser Artikel trägt anhand eines Beispiels zu etwas mehr Klarheit bei.

Voraussetzungen und aufgetretener Fehler

Unsere hausinternen Apache- und Datenbank-Server laufen normalerweise vollständig unter UTF-8. Inklusive der eigenen Datenbank- und Tabellen-Kollationen unter MySQL- oder MariaDB-Systemen. Aber für Tests müssen wir immer mal wieder gezielt eine Kompatibilität zu den festgelegten Kollationen für MySQL-Banken/Tabellen auf Kundenservern herstellen. Meist kommt dann Latin1 (iso-8859-1) ins Spiel.

Gestern mussten wir für einen solchen Test Datensätze eines von uns entwickelten, php-basierten CMS von einem gehosteten MySQL-Kundenserver in unsere lokale Test-Datenbank übernehmen. Diese Datensätze beinhalteten viele Text-Strings mit deutschen Umlauten. Da es sich nur um wenige Records handelte, haben wir die Daten in diesem Fall mit Copy/Paste und mit Hilfe von Eingabefeldern unserer CMS-Verwaltungsoberfläche übernommen. Das CMS lief dabei unter einer lokalen UTF8-Standarddomäne. Unsere aktuellen CMS-Programme zeigten die fraglichen Textstrings denn auch korrekt in der Web-Oberfläche des CMS an.

Es gab aber andere zu untersuchende Punkte im Layout. Um die Unstimmigkeiten zu testen, haben wir zusätzlich eine separate Testdomäne angelegt und diverse PHP-Klassen vom Kundenserver (auf dem dortigen Versionsstand) in bestimmte Verzeichnisse des zugehörigen Web-Spaces auf unserem lokalen Server geladen. Ergebnis: 2 Domainen mit z.T. unterschiedlichen Versionsständen von PHP-Klassen.

Und dann passierte es:

Bei einem Aufruf der Webseiten in der Testdomäne verschwanden plötzlich fast alle Text-Strings aus der Web-Oberfläche.

Bilder und grundsätzlicher Aufbau der Webseiten bleiben jedoch erhalten. Ich war zunächst völlig verblüfft über diesen Effekt. Zumal der Einsatz unserer lokalen Versionen der gleichen PHP-Klassen kein Verschwinden der Textstrings zeitigte.

Die Analyse war nicht ohne, da ich zunächst nicht wusste, wonach ich zu suchen hatte. Man denkt da zunächst natürlich an Unterschiede im Programmcode selbst. Am Schluss entpuppten sich aber eine im wesentlichen unmodifizierte Klasse, die die Datenbankverbindung steuert, sowie eine Klasse, die die Strings aus Sicherheitsgründen nach unerlaubten Sequenzen filtert, als Kerne des Übels. Ausschlaggebend waren allerdings nicht Programmunterschiede sondern bestimmte Parameter-Setzungen sowie Server- und Zeichensatzeinstellungen. Aber der Reihe nach.

Zeichensatzeinstellungen in der Kommunikationskette zwischen einem PHP-Server und einer MySQL-Datenbank

In der Datenaustausch-Kette zwischen einer MySQL-Datenbank und PHP-Modulen auf einem Web-Server (und natürlich auch bei der Übersendung eines HTML-/XML- oder JSON-Outputs an Web-Clients) spielen verschiedene Zeichensatzeinstellungen eine Rolle. Einige davon können vom Entwickler beeinflusst werden. Andere wiederum nicht immer.

Für unseren Fall waren vor allem die nachfolgenden Punkte relevant; sie betreffen den Web-Server (mit PHP-Modul) und die MySQL-Datenbank:

  1. Zeichensätze (“Kollationen”) der MySQL-Datenbank und zugehöriger Datenbanktabellen.
  2. Zeichensatz-Vorgaben zur MySQL-Verbindung und zum Datentransfer von und zu (PHP-)Programmen, die mittels der SQL-Direktive “SET NAMES” vorgenommen wurden.
  3. Einstellungen für den Default-Character-Set des PHP-Apache-Moduls.
  4. Zeichensatzeinstellungen für die PHP-Funktion “htmlentities()”.

Zeichensätze in der Datenbank und die Direktive “SET NAMES”

Für die Kollation der relevanten MySQL-Datenbank und ihrer Tabellen war auf dem Kundenserver “latin1_german2_ci” gewählt worden. Unsere Einstellungen im lokalen Testsystem waren dazu auf Tabellenebene kompatibel. Die Kollation einer Datenbanktabelle bestimmt letztlich aber nur die interne Ablage der Daten in der Tabelle und nicht den Zeichensatz, unter dem z.B. per SQL ermittelte Resultsets an weiterverarbeitende Programme übermittelt werden.

Für letzteres sind andere Parameter verantwortlich, die man als Entwickler für eine spezifische Verbindung zur MySQL-Datenbank einstellen kann. Unter MySQL und der MariaDB nutzt man dafür etwa die SQL-Direktive “SET NAMES” (oder aber die Funktion mysqli_set_charset(); s.u.).

“SET NAMES” führt zur gleichzeitigen Festlegung dreier RDBMS-Parameter für die Behandlung einer spezifischen Datenbankverbindung. Diese Parameter sind: character_set_client, character_set_connection, character_set_results.

Siehe hierzu etwa
https://dev.mysql.com/doc/refman/5.7/en/set-names.html
und
https://dev.mysql.com/doc/refman/5.7/en/server-system-variables.html#sysvar_character_set_results.

Die Datenbankverbindung wird unter dem PHP/mysqli-Interface dabei über das Connection-Objekt

$dbi = mysqli_connect(….)

identifiziert. Im Wesentlichen legen die genannten Parameter Folgendes fest:

  • character_set_client: Zeichensatz, unter dem Daten, die vom Datenbank-Client zum RDBMS-Server transferiert werden, interpretiert werden.
  • character_set_connection: Handhabung bestimmterErsetzungen und Konversionen, u.a. von Numbers zu Strings.
  • character_set_results: Zeichensatz, unter dem Daten, die vom RDBMS zu Client-Programmen übermittelt werden interpretiert werden.

Der “Client” ist in unserem Fall natürlich ein PHP-Programm auf einem Apache-Server. Die Anwendung des “SET NAMES”-Statements durch ein PHP-Programm, z.B.

$sql_unames = “SET NAMES ‘utf8′”;
$this->dbi->query($sql_unames);
//dbi->Datenbank-Connection Object
//$this->dbi = mysqli_connect(….)

ist somit von zentraler Bedeutung für die Kommunikation zwischen einem PHP-Programm und einer MySQL/MariaDB! Solange eine hinreichende Konvertierung verwendeter Zeichen gewährleistet ist, muss der Zeichensatz, unter dem Resultsets zum PHP-Programm übermittelt werden, nicht zwingend mit dem der Datenbanktabellen selbst identisch sein.

Es sei darauf hingewiesen, dass es zu “SET NAMES” auch Alternativen gibt, die man im Rahmen des mysqli-Interfaces einsetzen kann und sollte (s.u.). Dass wir in einigen Programmen noch SET NAMES verwenden, hat lediglich historische Gründe. Die hier beschriebene Problematik gilt aber unabhängig vom genauen Werkzeug zur Einstellung der Zeichensatzparameter.

Konsistenz zu Zeichensatzvorgaben für PHP – Einstellungen in der php.ini

Das PHP-Programm muss in jedem Fall mit dem gewählten Zeichensatz für Resultsets adäquat umgehen können; s.u.. Der rechte Bereich der folgenden Skizze, die ich aus einem anderen Artikel dieses Blogs entliehen habe, verdeutlicht das für den Fall “SET NAMES ‘latin1′” :

Nun könnte man in seinen PHP-Programmen natürlich spezifische Umwandlungsfunktionen (u.a. iconv(), mb_convert_encoding(), utf8-encode(), utf8-decode) für die Zeichensatzkonvertierung aus- und eingehender Strings bemühen. Die linke Seite der Skizze liefert hierfür Beispiele (s. den dazu gehörigen Abschnitt weiter unten).

Wenn möglich, kann man aber auch einen Standardzeichensatz für die PHP-Verarbeitung von Strings vorgeben und sich darauf bzgl. der Datenbankinteraktion verlassen.

Entsprechende Einstellungen nimmt man in der Konfigurationsdatei
/etc/php7/apache2/php.ini
vor. Die relevanten Parameter sind dort:

; PHP's default character set is set to UTF-8.
; http://php.net/default-charset
default_charset = "UTF-8"

; PHP internal character encoding is set to empty.
; If empty, default_charset is used.
; http://php.net/internal-encoding
;internal_encoding =

; PHP input character encoding is set to empty.
; If empty, default_charset is used.
; http://php.net/input-encoding
;input_encoding =

; PHP output character encoding is set to empty.
; If empty, default_charset is used.
; mbstring or iconv output handler is used.
; See also output_buffer.
; http://php.net/output-encoding
;output_encoding =

Die hierfür gesetzten Werten sollte natürlich mit den Einstellungen für die Datenbankverbindung zusammenpassen.

Kundenvorgaben

Wir parametrieren in Kundenprojekten die PHP-Methoden für den Verbindungsaufbau zum Datenbankserver meist gemäß expliziter Kundenvorgaben. In unserem Fall hatten wir “SET NAMES ‘latin1′” gewählt. (Hinweis: Die Zeichensatz-Namen auf einem MySQL-Server enthalten grundsätzlich keine Trennzeichen; daher ist statt iso8859-1 “latin1” zu verwenden).

Der Grund dafür war, dass das Apache-PHP-Modul des (gehosteten) Kunden-Web-Servers auf “iso-8859-1” eingestellt war. Das bestätigte eine Überprüfung mit phpinfo(). Diese Einstellungen sollten wir gem. Kundenvorgabe nicht ändern, da auf dem Web-Server auch andere PHP-Programme als unsere eigenen laufen müssen.

Auf dem Kundenserver waren die Zeichensatzeinstellungen also konsistent.

Ursache unseres Problems und die Rolle von htmlentities()

Man ahnt es bereits: Durch das Kopieren der PHP-Klasse für die Steuerung von Datenbankverbindungen vom Kundenserver auf die Testdomäne unseres lokalen Web-Servers entstand dort u.a. eine Inkonsistenz zwischen der Zeichensatzbehandlung unter PHP (utf8!) und dem Zeichensatz für den Transfer von Resultsets aus der MySQL-Datenbank (latin1).

Diese Inkonsistenz kam jedoch noch nicht zum Tragen, als wir die Daten per Copy/Paste über lokale Web-Interfaces einer UTF8-Standard-Domäne in die Bank einbrachten.

Für unsere Testdomäne dagegen muss man jedoch u.a. eine fehlerhafte Konvertierung von deutschen Umlauten erwarten! Warum aber verschwanden die Text-Strings in Gänze aus den Web-Oberflächen?

Die Antwort lieferte schließlich eine von mir bislang zu wenig beachtete Eigenschaft der PHP-Funktion “htmlentities()”.

Unsere Web-Generatoren jagen Strings vor einer Web-Darstellung durch eine Reihe von Prüfroutinen, Transformatoren für erlaubte Zeichenfolgen und durch Filter (u.a. HTMLPurifier, aber auch eigene Filter). Dabei wird in einem Zwischenschritt (nach einer vorhergehenden Konvertierung erlaubter HTML-Zeichenfolgen) auch “htmlentities()” eingesetzt.

htmlentities() erlaubt selbst eine Vorgabe des “Character Sets” über einen Parameter. Ein Check zeigte: Dieser Parameter stand in der lokalen Testdomäne explizit auf “UTF-8”. Diese Einstellung betrifft jedoch eine Konvertierung in den gewünschten Ziel-Zeichensatz für den HTML-Output. Hier hatten wir kein Problem, da die
HTML-Header der Webseiten bzw. die vom Apache-Server generierten HTTP-Header tatsächlich auf UTF-8 ausgerichtet waren.

Allerdings sorgten schon die vorhergehenden Widersprüche zwischen dem Zeichensatz der Datenbank-Resultsets und dem Zeichensatz für die anschließende Behandlung von Strings durch PHP. Das hatte gravierende Folgen. Unter http://php.net/manual/de/function.htmlentities.php findet man nämlich folgenden Hinweis:

Rückgabewerte
Gibt die kodierte Zeichenkette zurück. Enthält der string eine in dem übergebenen encoding ungültige Code Unit Sequenz, wird eine leere Zeichenkette zurückgegeben, sofern weder das ENT_IGNORE noch das ENT_SUBSITUTE Flag gesetzt sind.

(Hervorhebung durch mich).

Das war des Rätsels Lösung:

Eine Inkonsistenz in der Zeichensatzbehandlung im Datenaustausch zwischen unserer MySQL-Datenbank und PHP führte zu nicht behandelbaren Zeichen bei der Anwendung von htmlentities() auf Strings – und diese Funktion produzierte dann gemäß ihrer Default-Einstellungen leere Strings.

Trivial – man muss es halt nur wissen! Ein Test mit

“SET NAMES ‘utf8′”

ließ denn alle verschwundenen Strings auch in unserer Testdomäne prompt wieder erscheinen!

Notwendige Checks vor der Anwendung von SET NAMES (oder von mysqli_set_charset())

Hat man die Kette der Zeichensatzsetzungen bzw. Zeichensatzbehandlung im Austausch zwischen PHP und einer MySQL-Datenbank erst einmal verstanden, so ist auch klar, wo man mit vorbeugenden Maßnahmen ansetzen kann. Solche Vorkehrungen sind – wie das Beispiel zeigt – vor allem dann notwendig, wenn man die Zeichensatz-Einstellungen für PHP nicht auf allen involvierten Web-Servern beeinflussen kann oder darf.

Bevor man “SET NAMES” (oder mysqli_set_charset(); s.u.) in einem PHP-Programm tatsächlich anwendet, sollte man die Setzung des “Default Character Sets” in der php.ini für den aktuellen Server explizit abfragen – mittels

ini_get(‘default_charset’);

– und dann mit der ebenfalls abfragbaren Kollation der Datenbanktabellen vergleichen. Das Ergebnis dieses Vergleichs kann man dann nach bestimmten Regeln behandeln:

Z.B. Warnhinweise bei (ernsthafter) Inkompatibilität ausgeben. Oder wenn man wirklich sicher ist, dass nur deutsche Umlaute zu potentiellen Problemen führen können: Wahl des zu den PHP-Einstellungen konsistenten Zeichensatzes für den Transfer von Resultsets aus der Datenbank. In unserem Fall also “utf8”.

Alternative: Ändern der php.ini-Vorgaben für den Zeichensatz durch und für das laufende PHP-Programm

Auf festgestellte Inkonsistenzen in den Zeichensatzeinstellungen kann man u.U. – nämlich wenn man die dafür nötigen Rechte besitzt – auch mit einer Modifikation der php.ini-Vorgaben für das laufende Programm reagieren. Dazu muss man natürlich die Funktion ini_set() bemühen; Bsp.:

ini_set( string ‘default_charset’, ‘ISO-8859-1’)

bemühen.

Empfohlener Weg zum Setzen des “Character Sets” für eine MySQL-Verbindung

Ich möchte explizit darauf hinweisen, dass es andere Möglichkeiten als die SQL-Direktive “SET NAMES” gibt, Character Sets für die Datenbankverbindung zu setzen. Das PHP-Manual empfiehlt explizit, die Funktion

mysqli_set_charset(mysqli $link , string $charset)

anstelle von SQL und “Set Names” zu verwenden. Siehe: http://php.net/manual/de/mysqli.set-charset.php

Zeichensätze und die Web-Client-Seite

Obwohl nicht Kernthema dieses Artikels werfen wir noch einen ergänzenden Blick auf den
Datenaustausch des PHP/Web-Servers mit Web-Clients (z.B. einem Browser). Die Zeichensatzthematik setzt sich natürlich auch auf dieser Kommunikationsstrecke fort; der linke Teil der obigen Skizze verdeutlicht das am Beispiel von Ajax/Ajaj-Programmen. Diese erfordern i.d.R. UTF-8 für einen ordnungsgemäßen Datenaustausch mit dem Web-Server.

Ist der Parameter “default_charset” in der php.ini-Datei aber auf “iso-8859-1” gesetzt, so muss man ein- und ausgehende Daten entsprechend konvertieren. Dafür eignen sich die Funktionen utf8_decode() für einlaufende POST-/GET-Daten aus Ajax-Programmen und utf8_encode() bei der Erzeugung des Ajax/Ajaj-Outputs in Richtung Web-Client.

Für reinen HTML-Output gilt analoges; dabei sind aber auch HTTP- und HTML-Header-Anweisungen für Character Sets zu setzen. Siehe hierzu:
http://www.html-info.eu/php/php-als-script-sprache/item/zeichensatz-latin1-oder-unicode-utf-8.html

Fazit

In unbeabsichtigter Weise kann htmlentities() plötzlich zu einer Testfunktion für die Konsistenz zwischen

  • der Zeichensatz-Einstellungen durch “SET NAMES” bzw. mysqli_set_charset() für die MySQL/MariaDB-Datenbankanbindung an ein PHP-Programm
  • und den Zeichensatzeinstellungen für das PHP-Modul selbst auf dem Webserver

werden – und in letzter Konsequenz zu leeren Strings auf Webseiten führen.

Es lohnt sich vor einem Einsatz von “SET NAMES” – oder besser mysqli_set_charset() – eigentlich immer, die Einstellungen in der “php.ini” bzgl. des “default_charset” und verwandter Parameter abzufragen und daraus angemessene Konsequenzen für den Aufbau der Datenbankverbindung zu ziehen.

Dies gilt vor allem dann, wenn man im Rahmen von Tests und Produktivierungen auf verschiedenen Servern arbeiten will oder muss – und dabei nicht alle Konfigurationsparameter der Server selbst beeinflussen kann und darf.

Neben dem Setzen von Server- und Verbindungsparametern kann man auf festgestellte oder vorgegebene Zeichensatzanforderungen oder Zeichensatzdiskrepanzen aber auch gezielt mit verschiedenen Funktionen reagieren, die PHP für eine Zeichensatz-Detektion und eine explizite Zeichensatzkonvertierung von Strings anbietet.