Win 10 – Statistiken – Cortana – und ein wenig Polemik ….

Vor einiger Zeit habe ich mich in diesem Blog kritisch zu den Standardeinstellungen von MS Win 10 Home und den damit verbundenen Transfers privater Daten auf (amerikanische) Server von Microsoft geäußert.

Mir wurde daraufhin auch im eigenen Bekannten-Kreis immer wieder sehr deutlich klar gemacht, dass das “wohl völlig egal sei und die Vorteile von Win 10 die Nachteile bei weitem überwiegen würden”. Das Datensammeln sei schließlich auch bei Google so – aber man habe ja nichts zu verbergen. Nun will gar nicht erst damit anfangen, MS gegen Google aufzurechnen. Und regelmäßig den Sinn von Privatsphäre als grundlegenden Pfeiler einer demokratischen Informationsgesellschaft freier Bürger auch für hochgebildete Leute begründen zu müssen, bin ich ein wenig müde geworden. In diesem Sinne ist folgender Text nur ein Ausdruck ständiger Verwunderung über die widerspruchslose bis begeisterte Hinnahme bestimmter Entwicklungen ….

Vor kurzem sind Statistiken zum Einsatz von Win 10 und auch der unter Win 10 benutzten Programme bekannt geworden. Siehe:

http://www.ghacks.net/2016/01/05/microsoft-may-be-collecting-more-data-than-initially-thought/

Nehmen wir mal an, die dort genannten Zahlen stimmen, und greifen wir uns ein Beispiel heraus:

“Users asked Cortana more than 2.5 billion questions since launch.”

Ja, das gute Cortana (s. https://de.wikipedia.org/wiki/Cortana_%28Software%29) – endlich eine MS-Antwort auf Technologie, die von Apple und Google schon lange benutzt wurde und wird. Und wie bei der Konkurrenz geht Cortana über die Stimmerkennung weit hinaus und erforscht ein Personenprofil auch über andere Daten (Notizbuch, E-Mails, Bing-Anfragen, ….). Siehe

http://www.windowsphone.com/de-DE/how-to/wp8/cortana/cortanas-settings
http://windows.microsoft.com/de-de/windows-10/getstarted-what-is-cortana-mobile
und die dortigen Links.

Was mich im Zusammenhang mit Cortana interessiert, ist der kleine, unscheinbare Satz im oben genannten Wikipedia-Artikel:

“Microsoft bestätigt „personalisierte Sprachmodelle“ anzulegen.”

Leider mit Verweis auf einen Zeitungsartkel der TAZ, der sich als echter Beleg nicht eignet.

Die entscheidende Frage ist: Wo werden die personalisierten Sprachprofile gesammelt? Dass das auf MS-Servern passiert, ist schwer zu beweisen, erscheint aber allein schon aus technischen Gründen plausibel. Es ist viel leichter, zuverlässige Sprach- und Stimm-Erkennung auf geeigneten Servern als z.B. Win 8 oder Win 10 Smartphones zu betreiben. Lässt sich diese Plausibilität untermauern? So zeigen folgende Artikel von MS, dass Cortana auf die Stimme des Benutzers trainiert werden kann.

http://windows.microsoft.com/de-de/windows-10/getstarted-what-is-cortana
http://windows.microsoft.com/de-de/windows-10/getstarted-make-cortana-yours

Nix Neues unter der Sonne und ans ich auch nichts Problematisches – wenn denn die zugehörigen Stimmprofil-Daten nur lokal auf meinem Endgerät vorgehalten würden.

Auf der Suche nach mehr Information gucke ich dann mal auf die durchaus lesenswerte Seite
http://www.windowsphone.com/de-de/how-to/wp8/cortana/cortana-and-my-privacy-faq
und da steht:

“Ihre per
Spracherkennung eingegebenen Bing-Suchanfragen werden wie textbasierte Suchanfragen behandelt und können zur Verbesserung der Bing-Suchergebnisse und zum Bereitstellen passender Werbung für Sie genutzt werden.”

Ok, Ok – das ich mit der Preisgabe meiner Persönlichkeit und Vorlieben für die Nutzung eines Betriebssystems bezahlen muss, ist ja laut meiner Bekannten angeblich “egal”. Unklar ist mir aber immer noch, ob die Sprachaufzeichnung – also mein Stimmmuster – selbst auf MS-Server wandert.

Also wage ich doch noch mal (mit Schaudern) einen Blick in das wirklich informative und seitenlange “Privacy Statement” von Windows 10:
https://www.microsoft.com/en-us/privacystatement/default.aspx
Freundlicherweise gibt es da einen Link namens Cortana. Ich zitiere aus dem entsprechenden Text:

“Speech and Input Personalization. To help Cortana better understand the way you speak and your voice commands, speech data is sent to Microsoft to build personalized speech models and improve speech recognition and user intent understanding. On Windows devices, Cortana can only work if Input Personalization is on, so if you turn it off, Cortana will be disabled. See the Windows Input Personalization section for more information.”

(Hervorhebung von mir.)
Aha,: “speech data is sent to Microsoft to build personalized speech models”. Nun, da liegt die Vermutung doch sehr, sehr nahe, dass es sich hierbei wohl um Audio-Stimmaufzeichnungen handelt. Nehmen wir das mal an.

Dann würde die oben erwähnte Statistik im negativen Fall bedeuten, dass nun auch MS personalisierbare Stimmmuster zu Millionen von Menschen sein Eigen nennt. Ohne Kontrolle darüber, was mit diesen biometrischen Informationen geschieht, wie lange sie aufbewahrt werden und vor allem, wofür und von wem die Inhalte der Fragen, die über Cortana gestellt wurden, genutzt werden.

Deshalb ein wenig Real-“Polemik” – wie die MS Anhänger unter meinen Bekannten das nennen würden:

In einigen Jahren bin ich im Urlaub – irgendwo in Brasilien – und das Hotel stellt seinen Hotelgästen Windows 12 Systeme zur freien Benutzung zur Verfügung. Und weil dort keine anderer Browser verfügbar ist, öffne ich Edge und eine freundliche (vermutlich weibliche) Stimme bittet mich auf Englisch, eine Frage zu stellen. Und weil ich meiner Frau einen Konzertbesuch versprochen habe, frage ich in meiner Not nach “concerts in the city”. Und die freundliche Stimme von MS antwortet mir auf Deutsch:

“Hallo Ralph, schön dass du doch mal wieder ein MS-System benutzt. Du redest leider so selten mit uns! Offenbar bist du im Urlaub. Brasilien ist ein tolles Land. Schön übrigens, das es dir wieder besser geht – nach deinem letztjährigen Infarkt, über den deine Frau bei Facebook schrieb. MS wünscht dir gute Erholung! Aber welche Art von Konzert soll ich dir vorschlagen? Du bestellst doch sonst immer Jazz-MP3s bei Amazon. Also ein Jazz-Konzert? Mit Kjetil Björnstadt – den magst du doch so gerne … Und weil wir schon dabei sind: Unsere neue App zur Stadtführung läuft auch auf deinem Samsung S12 Android-Handy. Wir beantworten dir gerne alle deine Fragen auf deinem nächsten Stadtrundgang … und wenn du eine etwas ausgefallene Kneipe suchst – wie in deinem letzten Urlaub – dann habe ich eine wirklich gute Empfehlung für dich … “.

Personenerkennung über Sprachmuster, Geo-Tracking über Sprachmuster, Ankopplung an Daten zu meinem Verbraucherverhalten, die die großen Konzerne im gegenseitigen Nutzen inzwischen gegenseitig austauschen. Einschätzung meiner aktuellen finanziellen Lage (Urlaub in Brasilien!). Konsumverhalten im Urlaub, etc., etc..

Cortana-Anhänger finden eine solche Entwicklung sicher gut und richtig. Egal auch, ob und zu welchen Zwecken diese Daten ggf. noch von anderen interessierten Organisationen benutzt werden. Wen interessiert es denn in Zukunft noch, wohin personenbezogene Daten
wandern ….

MS kann ich im Moment nur beglückwünschen – der bislang noch geringe Anteil am fast schon verteilt geglaubten Kuchen der kommerzialisierten Nutzung von elektronischen Personenprofilen wird mit dem kostenfreien Windows 10 Home und den oben genannten Zahlen sicher massiv wachsen. Statt “Win-dows” nun also “Win-knows” …. Man sollte wieder MS Aktien kaufen … Dabei hatten sie diese Entwicklung doch fast verschlafen …

Meine früher schon gut gemeinte Bitte an die Nutzer von MS Windows 10 Home, im eigenen Interesse sowohl das sog. “Privacy Statement” als auch das “Service Agreement”, zu dem ihr eure Zustimmung gebt oder schon gegeben habt, bitte wenigsten ein einziges Mal genau durchzulesen, halte ich aufrecht …. Es sind ja nur ca. 45 Seiten. Wenn ihr entsprechende Links sucht: Sie befinden sich am Ende folgenden lesenswerten Artikels:
http://thenextweb.com/microsoft/2015/07/29/wind-nos/

Übrigens: Einige User, die einfach upgegradet haben, sind über Win10 offenbar schon so verärgert, dass Klagen angestrebt werden. Siehe:
http://www.zdnet.de/88253055/nutzer-streben-wegen-windows-10-problemen-sammelklage-gegen-microsoft-an/
Mein Bekanntenkreis gehört wohl nicht dazu …

Datenschutz-Einwilligung – Google’s wachsender Druck auf Nutzer der Suchmaschine – wie erwartet …

Hatte ich doch noch vor ein paar Tagen in diesem Blog darüber spekuliert, dass das EuGH-Urteil nicht ohne Folgen bleiben wird und es auch den deutschen Datenschutzbestimmungen ein breite Bresche schlägt. Siehe
https://linux-blog.anracom.com/2015/10/13/eugh-urteil-zu-safe-harbour-und-die-reaktion-der-vordenker-zeitschrift-die-zeit/

Und was passiert: Eine wachsende Anzahl deutsche Nutzer der Google Suchmaschine erhalten nun – mit oder ohne Google-Konto – regelmäßig und mit verschärfter Tonlage eine Einblendung, über die der Anwender dem Unternehmen Google quasi eine Zustimmung zum Datensammeln erteilen muss, wenn er die Google Dienste – in diesem Fall die Suchmaschine – weiter nutzen will. Zuletzt hat der Stern darüber berichtet; siehe
http://www.stern.de/tv/google-datenschutzeinstellung–hinweise-zum-pop-up-6512842.html#mg-1_1445528506974
Dieses in die Suchmaschinenseiten eingebettete, relativ groß dimensionierte “Pop-Up” bietet keine Möglichkeit, das Verlangen von Google abzulehnen.

Das eigentlich Erschreckende – wenn auch kaum Neue – ist, dass Einem beim genauen Lesen der weiteren Dialoge (speziell beim Durcharbeiten der “Optionen”) das erklärte Ziel der Zustimmung sehr klar vor Augen geführt wird – nämlich die Erlaubnis nicht nur zur Erfassung sondern auch zur Zusammenführung letztlich personenbezogener Daten auf allen Ebenen. In diesem Zusammenhang von Daten-“Schutz” zu reden würde selbst Herrn Orwell wundern. Nun, damit ist wenigstens für Klarheit gesorgt. Verwunderlich ist das nicht – mit Persönlichkeitsprofilen und Werbung verdient Google ja schließlich sein Geld.

Google erlaubt einem dann netterweise noch einen Streifzug durch diverse browser- und dienste-bezogenen Einstellungen. Man kann zwar einige Einstellungen ändern – aber die schränken Werbung und das dafür erforderliche Datensammeln lediglich etwas ein – beendet wird das Erheben von Daten zur eigenen Person und zum Verhalten bei der Suche mit Google dadurch keinesfalls. Auch die Werbung wird nicht komplett unterbunden. Das wird fairerweise auch gesagt. Konsequenterweise bietet Google’s aktuelle Popup-Meldung auf den Seiten der Suchmaschine auch keine Option zum pauschalen Ablehnen des Erfassens und Zusammenführens meiner personenbezogenen Daten an. Das ist eine klare und deutliche Botschaft: Gib mir deine Daten oder nutze meinen Dienst nicht!

Ich finde das keineswegs verwerflich. Nur außerordentlich überdenkenswert – und mit hohem Druck auf den Anwender unterlegt. Nicht verwerflich heißt für mich dabei noch lange nicht gut. Google will angesichts der rechtlich verschärften Lage vom (deutschen?) Nutzer nun offenbar eine explizite Zustimmung erzwingen und damit Rechtssicherheit für das eigene Unternehmen schaffen. Wir haben es hier mit einem, nicht mehr ganz neuen Phänomen, das ich “Erzwingungs-Popup” nennen möchte, zu tun. Einer Art Eula für die Suchmaschine …

Noch – wohlgemerkt noch (!) – ist die Lage aber nicht ganz hoffnungslos. Wenn man als Nutzer von Google das Sammeln von Daten zum eigenen Persönlichkeits- und Verhaltensmuster auch nicht nicht mehr implizit oder pauschal ablehnen kann, so kann man es wenigstens teilweise umgehen – wenn auch vermutlich nur für einige Zeit. Auf das Wie komme ich weiter unten zurück.

Ist das Ganze eigentlich überraschend? Habe ich eigentlich etwas anderes erwartet? Nein! Schließlich stellen die zunehmend präzisierten deutsche Datenschutzanforderungen, das EuGH-Urteil und auch ein insgesamt vermehrtes Bewusstsein für Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung zumindest in Deutschland die aktuellen Geschäftsmodelle nicht nur von Google, sondern diverser Internet-Giganten grundlegend in Frage. Das provoziert Reaktionen und
führt fast zwangsläufig zu diesen Methoden.

Das hat auch sein Gutes – denn die Interessengegensätze zwischen Geldverdienen mit Persönlichkeitsprofilen und den Anforderungen nach informationeller Selbstbestimmung in einer Demokratie treten so klarer zu Tage. Das kann der Diskussion nur dienlich sein. Zudem sollte jedem Nutzer hierzulande bewusst werden, wie abhängig wir uns von den durchaus nützlichen Diensten der US-Internet und IT-Giganten gemacht haben – ohne regelmäßig zu bedenken, dass es im Internet nichts umsonst gibt. Wir bezahlen so oder so – mit Geld oder Daten zu unserer Persönlichkeit, unseren Gewohnheiten und Interessen. Das ist eine nüchterne Feststellung – die Kritik richtet sich hier in erster Linie an die eigenen Versäumnisse und nicht dagegen, dass Google klar definierte Geschäftsinteressen verfolgt. Das ist aus meiner Sicht zumindest im Rahmen geltender Gesetze völlig legitim.

Was kann man aktuell tun?
Zähneknirschend zustimmen mag für viele eine Option sein. Bei mir ist es zunächst so, dass ich mich ungern zu solchen weitreichenden Entscheidungen über eine Meldung auf einer Webseite erpressen lasse. Freiheit der Meinungsbildung und auch der Entscheidung ist mir konservativem Menschen eben wichtig. Meinungsbildung erfordert zudem Zeit – und nicht einen spontanen Klick mit der Maus. Nun kann man durchaus etwas auf Zeit spielen – und sei es nur deswegen, um sich die Sache nochmal gründlich durch den Kopf gehen zu lassen:

  1. Im Google-Erzwingungs-Popup bzw. in der Googlemeldung zunächst und so lange es möglich ist auf “Später lesen” klicken.
  2. Google wird sich nach einiger Zeit wieder melden und dem Nutzer im Ton und Layout der Meldung keine Wahl mehr lassen, als sich mit dem Thema intensiver zu beschäftigen.
  3. Dann erst mal die “Optionen” wahrnehmen und den folgenden, durchaus interessanten Spaziergang durch die Einstellmöglichkeiten mitmachen. Dabei das Maximale im Sinne der Privatsphäre herausholen.
  4. Dann eben nicht einfach zustimmen – es sei denn man will es wirklich. Sondern die geöffnete Webseite mit der Google-Suche schlicht schließen.
  5. Alle Cookies oder speziell die Cookies von Google löschen. (Und soweit möglich, über seinen Router vom Internet-Provider mal häufiger eine neue IP anfordern.)
  6. Firefox im Bereich “Privatsphäre” so einstellen, dass er alle Cookies beim Beenden des Browsers automatisch löscht. Für andere Browser bzw. eine ältere FF-Version analoge Einstellmöglichkeiten ausfindig machen.

Das wirkt erstmal, weil der Mechanismus hinter dem Erzwingungs-Popup z.Z. offenbar noch cookie-basiert ist. Leider verfügt Google natürlich noch über andere Mittel, eine konkrete Person bei der Nutzung der Suchmaschine zu identifizieren. Das Ganze wird also nur eine vorübergehende Lösung sein. Da ich nicht wirklich damit rechne, dass Google ein Einsehen zeigen wird, bleibt danach vermutlich nur,

  • konsequent den “Tor”-Browser zu nutzen,
  • Suchen bei Google über die Seite https://search.disconnect.me/ durchzuführen (bis Google das auch nicht mehr zulässt),
  • schlicht die Suchmaschine zu wechseln (bis auch die anderen IT-Konzerne über ähnliche Erzwingungsmethoden die Zustimmung des Nutzers zum Datensammeln erzwingen). Z.Z. lohnt sich zudem ein Blick auf Meta-Suchmaschinen wie “startpage.com” oder “https://www.ixquick.com/deu/”.

oder eben doch entnervt zuzustimmen. Man hat – egal wie – aber letztlich nur die Möglichkeit des Versuchs einer anonymisierten Dienste-Nutzung! Um die Dienste selbst kommt man kaum herum. Und schmerzlichst wird einem wieder bewusst: Leider haben wir Europäer bislang kein
qualitativ gleichwertiges Äquivalent zu Google. Ich finde zudem: den ungehinderten Zugang zu Informationen im Internet bei Wahrung der Persönlichkeitsrechte und des Datenschutzes zu gewährleisten, ist zudem eine Hauptaufgabe eines modernen, demokratischen Staates. Ich halte es für eine Mär, dass dies mit polizeilichen Schutzaufgaben nur schwer vereinbar sei.

Liebes Unternehmen Google! Ihr habt in eurem Kerngeschäft großartige Arbeit geleistet und bietet viele nützliche und wichtige Dienste an – das steht außer Zweifel. Die Suche nach und der Zugang zu Informationen im Internet ist ein wichtiges Gut, für das ihr mit den Boden bereitet habt. Ich glaube euch sogar, dass Ihr jetzt bzgl. Datenschutz noch was lernen und vielleicht auch umsetzen wollt – solange es eure Einnahmen nicht substanziell gefährdet. Aber Datenschutz fängt mit begründetem (!) Vertrauen und nicht mit Zwangsmaßnahmen an. Das müsst ihr offenbar als Allererstes lernen …. Meines jedenfalls habt ihr heute mal wieder erschüttert. So sehr ich eure Dienste auch schätze …. Offen bleibt zudem die Frage, wie denn das Vorgehen eigentlich mit dem EuGH-Urteil in Einklang zu bringen ist. Denn es gibt ernstzunehmende Interpretationen, die genau euer Vorgehen in Frage stellen:
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/maechtige-internetriesen/uld-schlewigholstein-haelt-safe-harbor-fuer-nicht-umgehbar-13858360.html

Was ist eigentlich mit der Idee, dass ihr Geld für eure Dienste verlangt und im Gegenzug zahlenden Kunden garantiert, dass das Suchverhalten nicht nachverfolgt wird, keine user-bezogenen Daten erhoben werden und dass der Suchdienst primär über europäische Server läuft? Das wäre wenigstens ein klares, offenes und ehrliches Geschäftsmodell. Wie ich euch kenne, arbeitet ihr daran bereits … Und eine teilweise Kostenübernahme für bedürftige und finanziell Schwache wäre dann Gegenstand einer politischen Diskussion zur Verbesserung unseres Sozialsystems. Auch das kann der laufenden Auseinandersetzung um Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung als Grundpfeiler einer modernen Demokratie nur dienen.

Links
https://www.datenschutzbeauftragter-info.de/google-verlangt-einwilligung-ich-stimme-zu/
https://www.verbraucherzentrale.de/google-datenschutz
http://www.stern.de/tv/google-datenschutzeinstellung–hinweise-zum-pop-up-6512842.html#mg-1_1445528506974
http://www.netz-trends.de/id/4353/Verstoesst-Google-mit-seinen-Datenschutz-Einblendungen-gegen-deutsches-und-EU-Recht/
http://www.googlewatchblog.de/2015/07/google-zeigt-hinweise-zum-datenschutz-bei-google/comment-page-1/#comment-141396
http://www.handelsblatt.com/my/unternehmen/it-medien/zugestaendnisse-beim-datenschutz-google-will-erwachsen-werden/12471656.html?ticket=ST-5951533-pfjOxbEXcfbs1bCsfajP-s02lcgiacc01.vhb.de
http://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article141754265/So-aendern-Sie-was-Google-ueber-Sie-speichern-darf.html
http://www.datenschutzbeauftragter-online.de/google-und-datenschutz/
http://www.deutschlandfunk.de/datenschutz-google-zwischen-transparenz-und-augenwischerei.735.de.html?dram:article_id=326641

EuGH-Urteil zu Safe Harbour – und die Reaktion der Vordenker-Zeitschrift DIE ZEIT

Ich bin gerade in einer typischen Entwickler-Stress-Phase. Aber soviel Zeit muss sein. Man glaubt es ja nicht, welche Reaktionen nun ausgerechnet aus dem Bildungsbürgertum dieser Republik zum EuGH-Spruch bzgl. des “Safe Harbour”-Abkommens (oder amerikanisch: “Safe Harbor”) veröffentlicht werden! So vor kurzem (08.10.) in der “ZEIT ONLINE”. Siehe:
Das EuGH hat ein Monster erschaffen
Erst dachte ich ja, der Titel “Der EuGH hat ein Monster erschaffen” sei Ironie – leider lag ich da wohl falsch. Nach dem Lesen des Artikels konnte ich zunächst nur den Kopf schütteln …

Jedem halbwegs verständigen europäischen Menschen, der sich mit IT auseinandersetzt, konnte und musste klar sein, dass das EuGH-Urteil ernsthafte Folgen nach sich ziehen wird – aber Gott sei Dank doch zunächst im positiven Sinne für die betroffenen Menschen in Europa, die die Dienste und Software außereuropäischer und im Besonderen amerikanischer Konzerne im privaten wie beruflichen Umfeld nutzen wollen oder müssen. U.a. für Kommunikation im Internet, soziale Netzwerke, etc. – aber eben nicht nur dafür, sondern auch für ganz handfeste berufliche Dinge.

Es geht im Urteil keineswegs nur um das “Verwerten” von Internet-Kommunikationsdaten

Um den ZEIT-Artikel richtig einschätzen zu können, muss man sich zunächst Folgendes klarmachen:

Es geht beim EuGH-Urteil im Kern nicht allein um den Zugriff irgendwelcher Geheimdienste auf die Kommunikatonsdaten von Internet-Nutzern, wie dies in den ersten Reaktionen der Fernsehmedien etwas unzulänglich kolportiert wurde. Es geht vielmehr ganz grundsätzlich um informationelle Selbstbestimmung und rechtlichen Schutz personenbezogener Daten als Teil der Privatsphäre. Der EuGH führte aus (zitiert nach der “ZEIT ONLINE”):

“Insbesondere verletzt eine Regelung, die es den Behörden gestattet, generell auf den Inhalt elektronischer Kommunikation zuzugreifen, den Wesensgehalt des durch Art. 7 der Charta garantierten Grundrechts auf Achtung des Privatlebens” …. “Desgleichen verletzt eine Regelung, die keine Möglichkeit für den Bürger vorsieht, mittels eines Rechtsbehelfs Zugang zu den ihn betreffenden personenbezogenen Daten zu erlangen oder ihre Berichtigung oder Löschung zu erwirken, den Wesensgehalt des in Art. 47 der Charta verankerten Grundrechts auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz.”

Für den vollen Wortlaut siehe:
http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2015-10/cp150117en.pdf

Ich zitiere zur Sicherheit auch die entscheidenden Passagen aus dieser Quelle:

As regards a level of protection essentially equivalent to the fundamental rights and freedoms guaranteed within the EU, the Court finds that, under EU law, legislation is not limited to what is strictly necessary where it authorises, on a generalised basis, storage of all the personal data of all the persons whose data is transferred from the EU to the United States without any differentiation, limitation or exception being made in the light of the objective pursued and without an objective criterion being laid down for determining the limits of the access of the public authorities to the data and of its subsequent use. The Court adds that legislation permitting the public authorities to have access on a generalised basis to the content of electronic communications must be regarded as compromising the essence of the fundamental right to respect for private life.

[Hervorhebungen von mir]

Es ist festzustellen, dass es um alle Transfers
personenbezogener Daten
in die USA geht – sowie um den dortigen Zugang zu solchen Daten. Nicht nur um Kommunikationsdaten, die allerdings im Text nochmal extra erwähnt werden.

Das Urteil stellt den geltenden Rechtsrahmen klar und offenbart Defizite bei der Einforderung der Rechtssicherheit im Umgang mit personenbezogenen Daten durch die Verantwortlichen

Endlich wird ein Tatbestand, der seit Jahren offen und rücksichtslos von diversen SW- und IT-Dienste-Anbietern allein schon aus kommerziellen Interessen – aber möglicherweise auch auf Druck ihrer Regierungen – heraus praktiziert wird, als potentieller Rechtsbruch entlarvt und unter Vorbehalte und rechtliche Schutzmöglichkeiten des Verbrauchers bzgl. Schutz, persönliche Einsichtnahme, Korrektur und Löschung der gesammelten Daten gestellt.

Den mutigen Richtern haben sich damit deutlich von der Gleichgültigkeit, die viele Regierungsverantwortliche in Europa bislang aus falsch verstandener Bündnistreue und entgegen freiheitlichen Grundprinzipien praktiziert haben, abgesetzt. Diesem Gericht und ihren Richtern gebührt im Namen der europäischen Demokratien Respekt und herzlichster Dank!

Durch das EuGH-Urteil werden elementarste Prinzipien einer demokratisch und freiheitlich verfassten Grundordnung deutlich angesprochen und bestätigt. Zugleich wird der Illusion, zu der auch Politiker hierzulande beigetragen haben, von weltweit operierenden IT-Dienstleister gesammelte und auf eigene Server transferierte Daten seien sicher, ein Ende gesetzt. Das Urteil reicht dabei – nach meiner Meinung – in seinen generellen Aussagen über Facebook und die USA hinaus.

Auch aus technischer IT-Sicht gilt: Ohne besondere Vorkehrungen gibt es zur Zeit keinen wirksamen Schutz der Daten, die wir leider so bereitwillig im Internet preisgeben oder unseren PCs/Laptops und mobilen Geräten anvertrauen. Warum sollten wir ohne konkrete Nachweise SW-Herstellern bzgl. eines sorgsamen Umgangs mit unseren personenbezogenen Daten trauen, die mit diesen Daten und den daraus erstellten Persönlichkeitsprofilen erklärtermaßen Handel treiben wollen? Das Ziel ist ja von vornherein nicht zwingend eine sichere Lagerung, sondern die kommerzielle Nutzung und im Einzelfall sogar die Weitergabe dieser Daten.

Aber zumindest der europäische Bürger hat – und das stellt das Gericht fest – eben ein Anrecht auf sorgsame, gesicherte Behandlung seiner Daten. Das Urteil ist somit auch eine Ohrfeige für all jene, die es bisher versäumt haben, die entsprechenden Vorkehrungen auch im Internet zwingend einzufordern – von außereuropäischen wie europäischen Dienstleistern. Es trifft damit auch unsere Regierungen und etliche Datenschutzverantwortliche, die dem bisherigen Treiben nur zugesehen haben – oder die die seit Jahren bestehenden Probleme einfach nicht wahrhaben wollten.

Man kann sich deshalb eigentlich nur wundern, warum es nun Gejammer und Gegenreaktionen auch in Europa gibt (s. http://www.heise.de/newsticker/meldung/Safe-Harbor-EU-Kommission-sieht-nach-EuGH-Urteil-keinen-Grund-Datenfluesse-zu-stoppen-2840005.html). Bei ein wenig Nachdenken wird allerdings klar, warum die Betroffenheit jenseits und auch diesseits des Atlantiks so groß ist …

Ein Beispiel für Datentransfers außerhalb reiner Internet-Kommunikation und der Bezug zum deutschen Datenschutzgesetz

Ich habe jüngst an einem Workshop teilgenommen, der Sicherheitsthemen als Schwerpunkt hatte. Interessanterweise waren sich viele Teilnehmende (darunter auch Vertreter namhafter Firmen) in zwischenzeitlichen Kaffee-Diskussionen darin einig, dass z.B. die Eulas und Nutzungsbestimmungen von MS zu Windows 10 je nach Einsatzumfeld bereits an der Grenze zur Verletzung deutscher Datenschutzregelungen liegen. In einer Standardinstallation werden praktisch alle denkbaren
personenbezogenen Daten, die auf einem Win 10 Home-System entstehen (z.B. auch Mails), in die USA transferiert. Siehe hierzu auch
https://linux-blog.anracom.com/2015/08/11/win-10-linux-im-namen-der-informationellen-selbstbestimmung/

Das EuGH-Urteil dürfte deshalb ggf. auch für europäische IT-Dienstleister interessant werden, die sich nun bei Ihren Auftraggebern eigentlich regelmäßig rückversichern müssten, ob sie denn im Auftrag des Kunden tatsächlich Systeme (wie etwa, aber natürlich nicht nur MS Win 10 Home) installieren oder zur Datenverarbeitung einsetzen dürfen, bei denen potentiell die Gefahr des Datentransfers personenbezogener Daten auf Server der SW-Hersteller im Ausland besteht – ohne hinreichenden Schutz vor Missbrauch und ohne Kontrolle der betroffenen Personen. Zumindest potentiell würde bei der Installation von Systemen, die personenbezogene Daten pauschal und oft ungefragt nach Übersee transferieren, ja Vorschub zu einer Straftat geleistet, wenn nicht der Auftraggeber dem explizit zustimmt.

In diesem Sinne schlägt das EuGH-Urteil nun auch eine breite Bresche für die konsequente Anwendung deutscher Datenschutzbestimmungen. Alles Dinge, die eigentlich selbstverständlich sein sollten – es aber de facto immer weniger sind. Der EuGH hat dankenswerterweise klargestellt, dass IT-Konzerne und IT-Dienstleister, die diese Leitplanken ignorieren, rechtswidrig handeln. Das gilt natürlich nicht nicht nur für Online-Dienstleister in den USA. Die Folgen des Urteils reichen aber über Online-Dienste und soziale Medien hinaus.

Kritik an den Falschen

Entlarvend und enttäuschend ist es allerdings, wenn jetzt die ZEIT unter dem Titel “das EuGH” hat eine Monster erschaffen”
http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2015-10/safe-harbor-eugh-konsequenzen
in den Chor derjenigen einstimmt, die sich nach dem EuGH-Spruch verwundert die Augen reiben und das Jammern anfangen. Auch inhaltlich spiegelt der Artikel eher Verständnis für die IT-Industrie mit nun angeblich so schwierigen bis kaum lösbaren Problemen wieder.

Die Debatte hat da wirklich Orwellsche Züge angenommen:
Die Kritik des ZEIT ONLINE – Artikels richtet sich in der gewählten Ausdrucksweise gegen die rechtsprechende Instanz, die die bestehenden Verstöße gegen freiheitliche Grundrechte feststellt und ihnen endlich einen wirksamen Riegel vorschieben will – und nicht gegen die Täter, die vom Kommerz mit personenbezogenen Profilen getrieben immer schon sehr genau wussten und wissen, was sie tun (man lese als Beispiele nur die Nutzungsbedingungen von MS, von Google oder auch mal von Kaspersky). Das ist irgendwie absurd – und einer Vordenker-Zeitschrift nicht angemessen.

Wo liegen die eigentlichen Probleme? Z.T. bei uns in Europa …

Die eigentlich schwierigen Probleme im Kontext des Urteils liegen tatsächlich ganz woanders:

Das EuGH zeigt letztlich unsere eigenen Versäumnisse in Europa auf. Wir müssten uns nämlich gar nicht über die festgestellten Rechtsverstöße der IT-Dienstleister aus Übersee aufregen, wenn wir unseren Bürgern denn eigene Alternativen anbieten könnten. Können wir aber z.Z. nicht. Das ist eine Folge von Versäumnissen der Wirtschaft, aber auch von fehlender Um- und Weitsicht unserer Regierungsverantwortlichen für die Sicherstellung grundlegender und strategisch wichtiger Infrastrukturen. Und wenn es eine strategisch überragend wichtige Infrastruktur in einer modernen Demokratie gibt, dann wohl das Internet.

1. Plattformen in Europa ?

Das erste große Problem (?) in diesem Zusammenhang ist, dass wir als Bürger die neuen (oder neue, ähnliche) Multimedia-Dienste nicht mehr missen und gerne dauernd nutzen wollen – allerdings auf einer rechtlich einwandfreien Grundlage.

Entsprechende Plattformen und Infrastrukturen, die den
Sicherheitsanforderungen des EuGH genügen würden, ließen sich sich unter den aktuellen Bedingungen wohl nur in Europa selbst schaffen. Amerikanische Firmen müssten sich auf entsprechende vertragliche Konstrukte mit europäischen Dienstleistern einlassen oder Ableger gründen, die alleine an europäisches Recht gebunden sind. Das ist ein Spielwiese für Juristen und die Vertrags- wie Planungs-, Kosten- und Kontrolling-Abteilungen der IT-Konzerne. Aber vermutlich juristisch nicht unmöglich. Und man behaupte nicht, es gäbe gerade für die Großen der IT-Branche keine hinreichenden technischen Möglichkeiten …. Rechtskonforme Plattformen in Europa erfordern aber in jedem Fall Investitionen – kein Wunder, dass die Hersteller schreien.

2. Die Fragwürdigkeit aktueller SW-Eulas und SW-Nutzungsbedingungen, die das Abgreifen und den Transfer personenbezogener Daten verlangen

Der eigentliche Sprengstoff liegt aber womöglich in den eingeräumten Rechten des betroffenen Nutzers – wobei ich die Frage, ob der im Zitat der ZEIT genannte Rechtsbehelf hier förmliche, gerichtliche Schritte erfordert oder unförmlich erfolgen darf, nicht beantworten kann.

Im Zweifel liegt aber die Vermutung nahe, dass das was SW-Hersteller uns pauschal in den Eulas und Nutzungsbestimmungen zu ihren Produkten abverlangen, mit europäischem Recht evtl. nicht oder nicht ohne weitere Einschränkungen vereinbar ist. Die Nutzung vieler SW-Produkte nicht nur von amerikanischen Herstellern setzt heute über EULAs, Nutzungsbedingungen und Service-Statements die pauschale Erlaubnis des Users zum Abgreifen aller möglichen, eben auch personenbezogener Daten durch den Hersteller voraus (s. Windows 10 Home). Enthalten ist dabei in der Regel die Zustimmung zum Transfer solcher Daten auf Server in den USA. Das erscheint nach dem Urteil mehr als problematisch. Zudem ist aber von Offenlegung, Löschung oder Korrektur der erhobenen Daten meist überhaupt nicht die Rede.

Das EuGH trifft eben nicht nur Online-Dienste, für die die Konsequenzen aktuell in den Medien diskutiert werden. Viele Nutzungsvereinbarungen passten ja z.T. schon früher in vielen Anwendungssituationen nicht zu deutschen Datenschutzvorschriften. Man denke nur mal an einen unbedarften Arzt oder Psychologen, der Daten zu seinen Patienten unverschlüsselt auf einer standardmäßig installierten Windows 10 Home Plattform ablegen oder gar über MS-Mail-Programme mit einem Patienten kommunizieren würde. MS erlaubt sich, auch Mail-Bodies in der Standardinstallation von einem PC abzuziehen! Ein verschlüsselter Transfer nutzt dabei gar nichts, wenn Kopien der Mails selbst unverschlüsselt in einer Mailbox des Mail-Clients abgelegt werden.

Ganz unabhängig von MS ist man versucht zu prognostizieren, dass die meisten aktuellen SW-Nutzungsbestimmungen von sog. Standard-SW und auch von Mobile Devices sich bei genauerem Hinsehen als nicht kompatibel mit dem EuGH-Sprich herausstellen werden, denn lt. EuGH-Urteil müssen dem User eben Zugangs-, Änderungs- und Lösch-Rechte auf Verlangen mittels Rechtsbehelf eingeräumt werden. Ich bin wirklich gespannt, wie MS mit der Aufforderung eines MS Windows 10 Benutzers, der Einsicht und Löschung aller seiner Daten fordert, umgehen wird.

Fehlende Internet-Kommunikationsdienste europäischer Hersteller
Drittens macht das Urteil jetzt für objektive Beobachter des IT-Geschehens erneut schmerzlich den Mangel an zu Facebook und Google vergleichbaren Dienste-Plattformen europäischer und deutscher Unternehmen bemerkbar. Man nehme mal an, einige amerikanischen Konzerne böten ihre Dienste in Europa nicht mehr, nur reduziert oder auf Basis verschärfter Nutzungsbedingungen an. Welchen Ersatz hätten wir? Wie könnten und würden wir dann die gewachsenen Grundbedürfnisse elektronischer Kommunikation noch sicherstellen?

Seit Jahren tun wir so, als sei der Vorsprung der außereuropäischen Giganten uneinholbar – aber weder Wirtschaft noch Staat fördern den Aufbau eigener von
europäischen Dienstleistern betriebenen, qualitativ und quantitativ hinreichender Informations-Infrastrukturen, die früher oder später den Googles und Facebooks dieser Welt Parole bieten könnten. Der EuGH-Spruch legt aus meiner Sicht letztlich die gigantischen Defizite bzgl. des strategischen IT-Arbeit in unseren Gesellschaften bzgl. der Erstellung eigener, sicherer IT-Infrastrukturen offen. Hätten wir eigene europäische Angebote, hätten auch die Verbraucher eine dem Wettbewerb und damit dem Markt sicher zuträgliche Alternative.

Zu geringe Anstrengungen im Sicherheitsbereich
Wirklich schmerzlich bemerkbar wird sich in naher Zukunft noch machen, in welcher Form deutsche oder europäische Unternehmen eigentlich die Sicherheit der zu schaffenden oder im Auftrag von ausländischen Unternehmen betriebenen Netze und Kommunikationsinfrastrukturen für soziale Medien-Dienste vom Kaliber Facebook technisch realisieren wollen. Schutz hieße hier nicht nur der Schutz gegen Script-Kiddies sondern auch gegen den unbefugten Zugriff von interessierten, ressourcen-starken Organisationen, die ggf. rechtswidrigen Zugang suchen. Die aktuellen Plattformen der Verbraucher aus “Closed Source” SW-Fabriken dürften dafür kaum eine geeignete Grundlage bieten.

Fazit und Konsequenzen

Die Intention des ZEIT ONLINE Artikels bleibt mir ein Rätsel. Die Kritik geht in eine absurd falsche Richtung, und der Artikel setzt sich überhaupt nicht mit den wirklichen Defiziten in der europäischen IT-Landschaft auseinander. Es werden deshalb auch nicht die notwendigen Schritte und Konsequenzen aufgezeigt. Liebe Leute von der ZEIT: Das war nix …

In einem Linux-Blog wird es nicht verwundern, dass ich der Meinung bin, dass wir sichere elektronische Plattformen, die den Anforderungen des EuGH genügen, auf Open Source Basis aufbauen sollten und können – und uns in Europa systematisch vom Zugriff der bekannten Datenkraken befreien sollten. Im privaten, im beruflichen wie im öffentlichen Umfeld. Im Gegensatz zu MS Win Systemen werden wir bei den meisten Linux-Distributionen nicht zur Erlaubnis des Transfes aller personenbezogener Daten als Nutzungsvoraussetzung aufgefordert. Aber auch bei linux-basierten Betriebssystemen und Anwendungs-SW gilt es wachsam zu bleiben – nur hat man dank Quell-Offenheit hier auch eine Chance, Fehlentwicklungen zu erkennen und zu korrigieren.

Und natürlich bin ich als Inhaber eines personenbezogenen Zertifikats zur qualifizierten Durchführung von internen ISMS-/ISO 27000-Audits auch folgender Meinung:

Wir IT-Verantwortlichen und IT-Berater sollten die Normen und Best Practice Vorgaben der ISO 27000-Reihe vermehrt als Leitfaden für ein verbessertes Management der IT-Sicherheit sowohl im Firmen- als auch im Umfeld der öffentlichen Verwaltung heranziehen. Informationssicherheit ist mehr als Technik – das macht auch das EuGH-Urteil wieder deutlich. Risikobewertungen als Ausgangspunkt von Maßnahmen zur Verbesserung der IT-Sicherheit wie des Datenschutzes tun Not. Die ISO 27000-Reihe gibt hier die richtigen Anregungen. Und als potentielles Risiko ist künftig auch die Behandlung von personenbezogenen Daten in Übersee zu werten ….

Weitere Links:
http://www.sueddeutsche.de/digital/max-schrems-vs-facebook-ein-sensationelles-urteil-1.2679191
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/maechtige-internetriesen/uld-schlewigholstein-haelt-safe-harbor-fuer-nicht-umgehbar-13858360.html