Eine Schande für den Standort Deutschland – Chefredakteur von Welt und Nachrichtenkanälen stellt “Wissenschaft” in Frage

Mal wieder ein Thema außerhalb von Linux. Aber als ausgebildeter Physiker und früherer professioneller IT-Berater kann ich meinen deutschen Lesern das Folgende nicht ersparen. Ein Erlebnis am gestrigen Abend regt mich nach wie vor zu sehr auf. U.a. weil ich mir selbst als Rentner zunehmend Sorgen um den Standort Deutschland mache.

Gestern Abend haben meine (norwegische) Frau und ich uns zunächst eine skandinavisch-amerikanische Dokumentation im schwedischen Fernsehen über den verheerenden Einfluss von Evangelikalen und Kreationisten auf die US-Politik angesehen. Viele der dort vorgestellten Leute leugnen ja öffentlich wissenschaftliche Erkenntnisse und sind Anhänger von sog. “alternativen Fakten”. Da lehnt man sich als aufgeklärter Europäer gerne zurück und denkt: Kann bei uns nicht in diesem Umfang passieren. Wissenschaftsfeinde und Klimawandel-Leugner findet man höchstens im Umfeld der überwiegend rechtsextremen AFD und deren Wählerschaft.

Danach sahen wir uns in der ARD eine Ausgabe von Maischberger an und wurden direkt eines Besseren belehrt. Da saß ein entrückt und arrogant wirkender Stefan Aust am Diskussionstisch und erklärte gegen Ende der Sendung den Klimawandel und entsprechende Maßnahmen schlicht für Unsinn. Auf Rückfrage erklärt er ferner explizit, dass er Wissenschaft (offenbar grundsätzlich) in Frage stelle.

Ich dachte zunächst, ich höre nicht richtig.

Das alles übrigens nach einem ersten Teil der Sendung, die von Austs Forderung nach Verhandlungen von Amerika mit Putin zur Ukraine – über die Regierung der Ukraine hinweg – geprägt wurde. (Addendum, 16.02.2024: Vielleicht fängt auch ein Aust nach der Ermordung von Navalny mal an, tiefer darüber nachzudenken, mit welchen Menschen man sinnvoll verhandeln kann …)

Nun ist dieser Mann nicht irgendwer. Er war über lange Jahre Herausgeber des Spiegel (meine Generation erinnert sich auch an einen noch wilderen Aust vor der Zeit beim Spiegel, als er dezidiert linke Themen für seinen journalistischen Aufstieg nutzte). Heute ist er Herausgeber der Welt und Chefredakteur bei den politisch konservativen bis rechten Medienkanälen der “Welt 24 Gruppe”. (Ein echter Wendehals, dieser Aust!) Die genannten Nachrichtenkanäle sind in vielen Basispaketen für das Fernsehen enthalten (u.a. bei Vodafone). Zudem auch im Ausland, z.B. in Norwegen und Schweden. Die Reichweite dieser Medien und Ihres Chefredakteurs ist entsprechend groß.

Tja, so weit ist es also gekommen in Deutschland. Ich habe beide genannten Sendungen im Ausland gesehen. Die bei uns anwesenden Norweger, die gut Deutsch verstehen, mussten auch erstmal schlucken und rieben sich ungläubig die Augen. Was für eine Schande für den Forschungs- und Industriestandort Deutschland! Was für ein unmögliches Bild von Deutschland wird durch solche Auftritte führender deutscher Redakteure kreiert. Ich warte schon auf die süffisanten Kommentare von weiteren norwegischen Freunden, die die Entwicklungen in Deutschland aufmerksam verfolgen.

Leute, wir waren mal das Land der Dichter, Denker und Wissenschaft. Aber bei solchen Meinungsmachern wie Hrn. Aust ist es kein Wunder, dass wir in Deutschland in allen relevanten Zukunftstechnologien zurückfallen. Und das der Wert von Wissenschaft von Demokratiefeinden in Frage gestellt wird …

Wer Wissenschaft grundsätzlich in Frage stellt, darf sich ferner nicht wundern, wenn er und die von ihm mitgelenkten Medien in den Verdacht geraten, “alternative Fakten” zu glauben und zu verbreiten. Die Aufsichtsgremien der genannten Mediengruppe sollte sich mal fragen, was für Menschen in der Rolle von Chefredakteuren sie der deutschen Bevölkerung eigentlich zumuten wollen. Ich halte mich für wertkonservativ – aber Welt, N24 etc. werden durch Leute wie Aust zur “No Go and No Trust Area”.

Und bei Kritik an Verantwortlichen für Fake News in Amerika sollten wir uns etwas zurückhalten und zunächst vor unserer eigenen Haustüre in Deutschland das Kehren anfangen.

 

Nach einem Aufenthalt in Niederbayern und der Heimat Aiwangers ….

Hat nichts mit Linux zu tun, ist aber für alle Freiheitsliebende relevant. Nach einem Übermaß an Überflutung mit Plakaten der AfD (“Wir vergessen nicht”) und rechten Stammtischparolen in einem Kurzurlaub verweise ich ohne weiteren Kommentar auf folgenden Link:

https://www.zeit.de/politik/2023-09/gerhard-baum-afd-rechtsextremismus-rechtsruck

Ich bin kein FDP-Wähler, aber wo einer der sehr wenigen verbliebenen Aufrechten in dieser Partei leider zu 100 Prozent recht hat, erhält er meine volle inhaltliche Zustimmung.

An answers to a reader’s concern about this blog

A reader wrote me a mail and asked what the general direction of this blog is going to be. He wondered about the “flood” of formulas lately. Which, in his opinion, have nothing to do with Linux. In general, his impression was that I seemingly have lost my interest in core Linux topics. He, a German, also complained that I write my posts in English.

My first reaction was: I appreciate that some of my readers care. The criticism is justified. And it deserves an answer and some explanations. The easiest part is the question regarding language.

According to my provider and my own blog-statistics 78% of page requests to this blog come from abroad, i.e. from countries outside Germany. Most requests stem from US-systems. Before Russia’s imperialistic war against Europe there also were connections (and permanent attack trials) from both Russia and China. Their percentage has declined (fortunately). Anyway, the majority of page requests comes from outside Germany. Therefore, I try to write in English. My English certainly is not the best, but it is still easier to read for those who are interested in my posts’ contents. And obviously, these are not German readers. So, I will not go back to German again.

Now to the question regarding the declining number of posts related to Linux. In the time when I worked as a free-lancer (up to 2018), I had some German customers who cared about Linux. It was in my own interest to dig a bit deeper as usual into topics like “virtualized VLANs”, firewalls etc.. The articles on these topics are still the most read ones in this blog.

But then I started to work as an employed consultant for IT-management topics in a Windows-dominated company. I simply had no chance and no time to continue with hard core Linux topics until the end of 2022. The only connection that came up was related to minor Machine Learning topics. Since my retirement I again use my private Linux systems – but what I need there simply works. No need to dig deeper at the moment. I intend to shift all of my HW-platforms and in the wake of such an endeavor typically some Linux topics come up, but all of this requires a period of money saving first. The same holds for a private project concerning central Linux-based audio-station. (Side remark: Due to the systematic destruction of the social system in Germany, ironically and mainly by the politics of social democrats, ca. 10 million of the persons going into retirement the next years will get significantly less than 1500 Euros per month. These are official numbers of the German government. I am on the edge of this wave.)

A second point which obviously has an impact on this blog is that I have an education in physics and an inborn interest in math. One of the best aspects of retirement is that you gain a lot of freedom regarding your real interests. No employer longer forces you to focus on things you only work with to earn a living. In my case the physicist woke up in spring 2023. I started to read a lot of books on theoretical physics and cosmology. To find out that I needed to revive some university level mathematics. At the same time I got interested in some admittedly special aspects of my own ML-experiments and network simulations in general. And suddenly you find yourself applying some basic linear algebra and calculus again. An easy but not very thoughtful way to start collecting some simple, but useful results was using this blog. I admit: It has turned the blog’s focus away from Linux.

The solution is clear: This blog has to be split up. I will do this as soon as I find some motivation for the boring task to set up a new blog, database, etc. For the time being I have changed the subtitle of this blog to indicate that other topics have come up.

What I cannot promise is that Linux topics will dominate my interests in the future. As said: What a retired person needs on PCs and laptops normally works perfectly under the control of Linux. Thanks to all the fantastic people of the Open Source community.